«Die Entwicklung ist positiv»

Weniger Auszubildende absolvieren die berufsbegleitende Berufsmaturität. Cyrill Wiget, Präsident von «Luzerner Unternehmen – der Gewerbeverein», erachtet diese Entwicklung nicht als negativ.

Im kaufmännischen Bereich wird die berufsbegleitende Berufsmaturitätsschule im Kanton Luzern im interkantonalen Vergleich unterdurchschnittlich gewählt. Bild: Zebi

Seit 2018 nehmen auch in Luzern mehr Personen die Berufsmaturität erst nach der Ausbildung in Angriff – Tendenz leicht steigend. Im Jahr 2022 haben 56 Prozent die Berufsmaturität nach der Ausbildung in Angriff genommen. Gemäss Lea Gnos, Leiterin Berufsmaturität beim Kanton Luzern, gibt es für die Entwicklung verschiedene Gründe. Schweizweit tritt rund ein Viertel der Jugendlichen frühzeitig wieder aus der BM 1 aus. «Aufgrund dieser Erfahrungen bieten einige Lehrbetriebe die BM heute gar nicht mehr oder nur noch ausgewählten Jugendlichen an», so Gnos.

Gerade im kaufmännischen Bereich wird die lehrbegleitende Berufsmaturität im Kanton unterdurchschnittlich wenig gewählt. Und dies, obwohl in diesem Bereich die schulische Zusatzbelastung gemäss Gnos durch die BM gering – viel geringer als beispielsweise in der Gesundheitsbranche – sei. Dagegen ist man in den technischen, den gewerblich-industriellen und den handwerklichen Berufsfeldern im Kanton Luzern im interkantonalen Vergleich gut unterwegs.

Gemäss Cyrill Wiget, Präsident von «Luzerner Unternehmen – der Gewerbe­verein», hat die Entwicklung im kaufmännischen Bereich auch positive Seiten: «Während der Pubertät sind die Jugendlichen stark mit sich selbst beschäftigt, was in dieser Zeit – rein körperlich – mit ihnen passiert, wird immer wieder unterschätzt», so Wiget. «Wenn sie in dieser Zeit ihren Beruf fachlich und schulisch erlernen, dann reicht das neben der Freizeit auch», ist der ehemalige Stadtpräsident von Kriens überzeugt. Nach der Lehre beim Lehrmeister in Teilzeit weiterzuarbeiten und daneben die BM zu machen, sei nach ihm eine gute Sache: «Wir bieten das gerne so an. Die Jugendlichen verdienen ihr erstes Geld und können sich der Berufsmatura ernsthaft widmen», so der Co-Geschäftsleiter von Velociped in Kriens.

Eine besondere Herausforderung

Besonders viel entbehren müssen die Betriebe der lernenden Fachleute Gesundheit EFZ, die die Berufsmaturität lehrberufsbegleitend absolvieren. Abgesehen von den Schulferien müssen die Betriebe da in den ersten zwei Lehrjahren drei Tage pro Woche auf ihre Lernenden verzichten. «Das stellt die Betriebe vor grosse Herausforderungen, denn die Leistungsziele der Ausbildung im Betrieb müssen ja auch erfüllt werden, ansonsten steht das EFZ in Gefahr», erklärt Lea Gnos. Dass die Lehrstellen mit Berufsmaturität vor diesem Hintergrund rar seien, sei selbsterklärend.

Beim Luzerner Kantonsspital wird, speziell auch in der Ausbildung Fachmann/Fachfrau Gesundheit FaGe, denjenigen, die die schulischen Voraussetzungen erfüllen, die Ausbildung mit Berufsmatura ermöglicht. In der Regel wählen beim Luks in jedem Lehrgang 10 bis 15 Prozent der FaGe-Absolvent:innen diese Lösung. «Wir kennen dafür keine Maximalzahl an Ausbildungsstellen. Die Möglichkeit wird bei der Selektion explizit angesprochen, und es wird den Jugendlichen diesbezüglich der Entscheid überlassen», erklärt Judith Fellmann Kupper, Abteilungsleiterin Ausbildung Sekundarstufe 2, Pflege, am Luzerner Kantonsspital. In der FaGe-Lehre würden aber viele Jugendliche die Anforderungen zur Aufnahme an der BMS nicht erfüllen. «Dank dem vor einigen Jahren eingeführten neuen Modell BM flex bietet sich ihnen eine gute Alternative», so Fellmann. Bei diesem Modell können Lernende ab dem 2. Lehrjahr mit der Berufsmaturität starten und haben erst dann einen zusätzlichen Schultag. «Das ermöglicht ihnen einen guten Einstieg ins Berufsleben. Nach ihrer 3-jährigen Ausbildung schliessen sie ihr FaGe-EFZ ab und besuchen noch ein Jahr berufsbegleitend einen Tag die Schule bis zum BM-Abschluss», erklärt Fellmann weiter.

Marcel Habegger

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