Die «andere» Stimme wächst

«LU – Luzerner Unternehmen» und die Luzerner Sektion des nationalen Vereins, «der Gewerbeverein», schliessen sich zusammen – dies mit dem Ziel, sich gegenüber dem KGL mehr Gewicht zu verschaffen.

«Zu wenig progressiv, veraltet in seinem Denken»: Von «LU – Luzerner Unternehmen» und der Luzerner Sektion des nationalen ­Vereins, «der Gewerbeverein», hagelt es Kritik in Richtung KMU- und Gewerbeverband des Kantons Luzern (KGL).

Erst letzte Woche sorgte die Bekanntgabe, welche Politiker:innen bei den Kantonsrats- und den Regierungsratswahlen im April vom KGL unterstützt werden, für Aufruhr. Einige Bürgerliche waren schon mit der Unterstützung von GLP-Politikerin Claudia Huser als Regierungsratskandidatin nicht einverstanden. Für Cyrill Wiget, den ehemaligen Stadt­präsidenten von Kriens, Inhaber von Velo­ciped und Mitglied von «der Gewerbeverein», ist es nicht zeitgemäss, dass linke Politiker:innen «kategorisch keine Unterstützung von einem Gewerbeverband finden», denn innovative Unternehmer:innen kämen aus allen politischen Lagern, so der Grüne-Politiker.

Der Präsident des KGL, Peter With, erklärt auf Anfrage: «Bei Regierungsratskandidierenden hat der KMU- und Gewerbeverband keine fix definierten Kriterien. Da entscheiden wir aufgrund verschiedenster Überlegungen, um eine wirtschaftsfreundliche Politik sicherzustellen. Aus diesem Grund unterstützen wir die Kandidierenden von SVP, FDP, Die Mitte und GLP. Weder Ylfete Fanaj von der SP noch Christa Wenger von den Grünen erfüllen diese Anforderungen, und sie haben auch nie um Unterstützung angefragt.»

Die eigene Stimme stärken

Da sie mit der Politik des KMU- und ­Gewerbeverbands des Kantons Luzern in vielen Fragen nicht einverstanden sind, werden «LU – Luzerner Unternehmen» und die Luzerner Sektion, «des Gewerbeverein», bei einer ausserordentlichen Generalversammlung am Mittwoch über eine ­Fusion entscheiden. «LU – Luzerner Unternehmen» und «der Gewerbeverein», die sich stärker als der KGL einem umweltbewussten und nachhaltigen Wirtschaften verschrieben haben, wollen so in Zukunft als «Luzerner Unternehmen – der Gewerbeverein» eine stärkere Alternative zum KGL bei Wirtschaftsfragen sein. «Den KGL erlebe ich als Bremser in fast allen uns wichtigen Fragen wie dem ökologischen Umbau der Wirtschaft, bei Verkehrs- und Umweltfragen, bei der Attraktivierung von Zentren oder auch der Sozialpartnerschaft mit den Mitarbeitenden», sagt Cyrill Wiget. «Es gibt viele Unternehmer:innen, die wollen eine Politik des Miteinanders statt des Gegeneinanders», erklärt er weiter. Deshalb sollte es nach ihm neben dem KGL noch eine andere Stimme geben: «Denn es gibt durchaus Firmen, die sich ­bewusst sind, dass der ökologische Umbau gelingen muss», so Wiget.

«Die Vorstellung des KGL, dass Gewerbler:innen nur Bürgerliche sind, entspricht nicht der Realität», sagt auch Yannick Gauch, Inhaber einer Kommunikations- und Grafikagentur und Vorstandsmitglied von «LU – Luzerner Unternehmen». «LU – Luzerner Unternehmen» wurde vor sechs Jahren gegründet, mittlerweile gehören ihm rund 170 Mitglieder an, davon 150 Unternehmen und rund 20 Einzelpersonen. Gauch sieht bei der Motivation der Mitglieder ähnliche Gründe wie Wiget bei «der Gewerbeverein»: «Es gibt Mitglieder, die explizit nicht zum KMU- und Gewerbeverband wollen, weil er ihnen zu engstirnig rechts politisiert. Es gibt aber auch solche, die in beiden Verbänden Mitglied sind», so der Grossstadtrat. «Wir haben gemerkt, dass es Sinn macht, einer Dachorganisation anzugehören, denn es gibt viele ­Entscheide, die das Gewerbe betreffen, die kantonal oder gar national gefällt werden», sagt Gauch, weshalb man sich nun mit einem nationalen Verband verbünden will. «Wir wollen die alten Strukturen aufbrechen», sagt Gauch zu den Zielen der beiden Verbände, die in Zukunft gemeinsam für das Gewerbe einstehen wollen. «Beispielsweise die Ansicht, dass das Gewerbe lediglich funk­tioniert, wenn man möglichst viele Parkplätze in der Stadt hat, ist für uns nicht progressiv. Wir versuchen, mit moderneren Lösungen unsere Rolle in der Wirtschaft und der Gesellschaft wahrzunehmen», so Gauch. Ein wichtiger Punkte ist dabei die Nachhaltigkeit, einerseits bezüglich des Klimas, andererseits auch in Bezug auf das Wirtschaften.

Peter With vom KGL sagt zum Thema Parkplätze: «Nicht der KGL, sondern unsere lokalen Gewerbevereine setzen sich allenfalls direkt für Parkplätze ein, da die Gemeinden dafür zuständig sind. Auf kantonaler Ebene engagieren wir uns für eine gute Erreichbarkeit mit allen Verkehrsmitteln, vor allem mit Fokus auf den Wirtschaftsverkehr.» Der KGL bekenne sich zur Energiestrategie und unterstütze seine Mitgliedsfirmen, bis spätestens 2050 klimaneutral zu sein. «Dazu führen wir Veranstaltungen durch, geben Empfehlungen ab, erarbeiten Leitfäden und machen auch konkrete Angebote wie aktuell den Energiecheck in Zusammenarbeit mit den CKW», sagt With. Den Vertretern von «LU – Luzerner Unternehmen» und «der Gewerbeverein» ist dies aber offensichtlich noch zu wenig. Ob die Fusion dem «sozialeren» Gewerbeverein aber zu einer ähnlichen Stärke verhelfen wird wie diejenige des KGL, wird die Zukunft weisen.

Marcel Habegger

 

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