Der Kanton verschiebt seine grosse Geburtstagsparty

Die moderne Schweiz wird dieses Jahr 175 Jahre alt, der Kanton am 19. Februar bereits 220 Jahre. Um die zwei grossen historischen Ereignisse nicht zu konkurrenzieren, verschiebt er seine Geburtstagsfeier.

Die Mediationsakte von 1803 im Plakatformat: Regierungsrat Marcel Schwerzmann, Jeanne Reinacher, Studentin der Hochschule Luzern – Design und Kunst, Jürg Schmutz, Staatsarchivar (v. l.). Bild: PD

Den Kanton Luzern gibt es in der heutigen Form erst seit 220 Jahren. Die 1803 eingeführte Mediationsverfassung von Napoleon Bonaparte brachte dem Volk neue Rechte und garantierte den Bestand des Kantons in neuen Grenzen. Damit war der Kanton Luzern geboren, so wie er nun seit 220 Jahren existiert.

«Wir bringen den Luzernerinnen und Luzernern 222 Ereignisse näher, überraschend, und informativ», blickte Regierungsrat Marcel Schwerzmann letzten Donnerstag vor den Medien der Geburtstagsfeier entgegen. Diese grosse Vielfalt wurde durch Fachleute historisch und didaktisch aufbereitet. Die Darstellung soll aus drei Blickwinkeln erfolgen, nämlich aus der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Die Vergangenheit, das klassische Gebiet der Historiker, wird unter der Leitung von Staatsarchivar Jürg Schmutz dem Volk nähergebracht. Zur Gegenwart und zur Zukunft sollen Persönlichkeiten aus Gesellschaft, Wirtschaft, Politik, Sport und Kultur die Möglichkeit zu einer kritisch-konstruktiven Reflexion erhalten. «Wenn wir die Vergangenheit kennen, verstehen wir auch die Gegenwart besser und können leichter einen Blick in die Zukunft wagen – und diese mitgestalten», erklärte Regierungsrat Schwerzmann weiter. Er versteht die Geschichte als Brückenbauerin zur Gegenwart – und in die Zukunft. Daraus sollen in einem zweiten Schritt Strategien oder Szenarien für die Zukunft des Kantons Luzern abgeleitet werden.

Herzstück von «LU 222»

Zum Herzstück gehören 222 Themenplakate, die, mit QR-Codes versehen, eine individuelle Thementiefe ermöglichen. «Wir gehen damit zu den Menschen, an Orte der Ereignisse oder an Plätze, wo Menschen für den Austausch zusammenkommen», betonte Marcel Schwerzmann als Hauptziel der inhaltlichen Auseinandersetzung. Unter dem Motto «Sprachkürze schafft Denkweite» sollen sich die Themenbeiträge auf lediglich 1000 Schriftzeichen beschränken. Die interessierte Bevölkerung kann zu den einzelnen Themen dank Textverlinkungen mit QR-Codes mehr erfahren. Dabei sollen unterschiedliche Perspektiven einfliessen und auch kontroverse Auseinandersetzungen geführt werden. «Die einzelnen Geschichten werden sorgfältig aufbereitet, sollen zwischen hoher Abstraktion und Einzelbeispielen wechseln», erklärte Staatsarchivar Jürg Schmutz. Eine wichtige Rolle werden auch die sozialen Medien einnehmen sowie die Partnerschaft mit verschiedenen Institutionen.

Der Themenradius soll den ganzen Kanton umfassen, weshalb alle Interessierten die Möglichkeit erhalten, spannende Themen rund um Ereignisse, Personen oder Gegenstände seit der Gründung des Kantons Luzern von 1803 einzureichen. «Wir wollen Schulen, historische Vereine, aber auch Einzelpersonen in den Regionen dafür begeistern, Geschichten aus dem ganzen Kanton zum ‹Puzzle Luzern 222› beizusteuern», erklärte Marcel Schwerzmann, denn, wie Jürg Schmutz ergänzte, «wird in einer freien Gesellschaft weder durch den Staat noch durch eine Universität diktiert, was Geschichte ist». Diese Geschichten können auf einem einfachen Web-Formular auf der Webside 222 Jahre Kanton Luzern eingereicht werden.

«Eigenes Wissen nutzen»

Der Kanton Luzern bildet Menschen in fast allen Disziplinen auf hohem Niveau aus. Dieses Know-how der Dozierenden und Studierenden soll auch für «LU 222» genutzt werden. Bereits aktiv geworden ist die Hochschule Luzern – Design und Kunst, welche die visuelle Gestaltung des Auftritts unter den Studierenden ausschrieb und eine Jury aus 17 verschiedenen Vorschlägen auswählen liess. «Ich habe eine Form gewählt, die einfach in der Wiedererkennung ist, klar im Design und eine optische Nähe schafft», erklärte Jeanne Reinacher, die Gewinnerin dieses Wettbewerbs, die anlässlich der Medienkonferenz ihre Arbeit präsentierte. Im Rahmen von Studierendenprojekten hat auch das Institut für Kommunikation und Marketing an der Hochschule Luzern – Wirtschaft die Arbeit aufgenommen. Neben dem Staatsarchiv sind die Zentralbibliothek, Lustat, die PH Luzern, die Universität Luzern und die Museen aktiv involviert.

Jede Generation mitgestalten

«Eine Generation nach dem Reformprojekt ‹Luzern 99› ist ein Blick in die Zukunft, mit einer klaren strategischen Ausrichtung, an der Zeit», findet Regierungsrat Schwerzmann. Als oberstes Ziel vom «LU 222» steht die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. «Dieser ist nötig, um das gemeinsame Verständnis, die Identität zu fördern und die Zukunftsgestaltung beherzt angehen zu können», betonte Marcel Schwerzmann. Der Bildungs- und Kulturdirektor will damit auch einen Bildungsauftrag zur jüngeren Geschichte des Kantons Luzern für die Schulen und die ganze Bevölkerung wahrnehmen. «LU 222» hat deshalb auch zum Ziel, die Vielfalt des Kantons Luzern näherzubringen als faszinierender Kanton mit einer dynamischen Zukunft.

PD

Mediationsakte von 1803

Als Mediationsakte wird das Dokument von Napoleon Bonaparte bezeichnet, welches die verfassungsrechtliche Grundlage von 1803 für den Kanton Luzern bildete. Der Kanton erlangte dabei mit dem Tausch von Merenschwand gegen Hitzkirch sein definitives Territorium. Es entstanden die fünf Ämter und Wahlkreise Luzern, Entlebuch, Willisau, Sursee und Hochdorf. Das Volk erhielt neue Rechte und auch Freiheiten. Neu wurde der Grosse Rat grösstenteils durch das Volk gewählt und in der 10-köpfigen Regierung mussten die fünf Wahlkreise mit mindestens einem Mann vertreten sein. Die Einwohner erhielten das neu geschaffene Gemeindebürgerrecht.

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