Den Sinn ihres Lebens gefunden
Nach einer Wanderung von Mexiko nach Kanada hat Christine Thürmer ihrer beruflichen Karriere endgültig den Rücken gekehrt und wandert seither durch die Welt. Am 19. Januar macht sie Halt in Luzern.
Ganz unverhofft entdeckte die ehemalige Prokuristin Christine Thürmer vor rund 20 Jahren im Urlaub in Kalifornien ihre Leidenschaft zum Langstreckenwandern. Durch die plötzliche Kündigung und den Tod eines engen Freundes kam sie zur Erkenntnis, dass die wichtigste Ressource im Leben nicht Geld, sondern Zeit ist. Sie beschloss, fortan das zu tun, was ihr Spass macht ,und ist nun mittlerweile seit 2008 ständig unterwegs. Sie selbst bezeichnet sich, auch nach etlichen Wanderungen im Vergleich mit anderen Wanderinnen und Wanderern, eher als unsportlich und unelegant. «Ich habe X-Beine und Plattfüsse», lacht sie. Doch genau das macht sie zu einem Vorbild für viele Frauen ihrer Generation.
Am Anfang steht die Planung
Man könnte meinen, dass eine Person wie sie nichts mit Struktur am Hut hat, das stellt sich jedoch als gewaltiger Irrtum heraus. Die Bestsellerautorin überlässt nichts dem Zufall. «Einen Drittel der Zeit verwende ich nur für die Planung der Reisen. Ich bin keine Abenteurerin und auch nicht sonderlich risikofreudig», erklärt sie.
In ihrem bewegten Alltag ist sie alle paar Wochen unter anderem auf neues Schuhwerk angewiesen, dabei bevorzugt sie leichte Trailrunning-Schuhe anstelle von schweren Wanderschuhen, die Blasen an den Füssen begünstigen.
Vom Büro in die Wildnis
Trotz allem findet Christine Thürmer, dass sich ihr heutiger Alltag nicht sonderlich von ihrem ehemaligen Arbeitsalltag in der Unternehmenssanierung unterscheidet. «Ich stehe morgens genauso auf und gehe meiner Arbeit, dem Wandern, nach», erklärt die 54-Jährige. Man könne nicht mit einer Urlaubshaltung und der Erwartung, dass alles schön werde, an eine solche Wanderung herangehen. «Die Frage ist nicht, ob, sondern wann und wie oft etwas auf der Reise schiefgeht.» Sie selbst wusste nach zwei Wochen auf ihrem ersten Trail, dem Pacific Crest Trail von Mexiko nach Kanada, dass das Wandern für sie mehr als bloss ein Hobby ist.
Der Dreck als ständiger Begleiter
Nach Geschichten von blutigen Fersen und eingeknickten Fussgelenken sucht man bei Thürmer vergeblich. Sie hatte auch schon Begegnungen mit beissenden Hunden in Schweden, ist in eine unterirdische Höhle gestürzt oder hat eine Zahnfüllung verloren, aber alles in allem war die Unfallquote relativ gering. «Mein Körper passt sich den Lebensumständen an. Da ich über Monate hinweg zu Fuss unterwegs bin, signalisiert dies meinem Körper eine Art Fluchtmodus. Aufgrund dessen fährt mein Körper das Immunsystem hoch, sodass ich auf meinen Reisen bisher nie krank gewesen ist.»
Für viele ein eher ungewöhnlicher Lebensstil, an den man sich, bis auf die mangelnde Hygiene, gemäss Thürmer durchaus gewöhnt. Eine Mischung aus Dreck, Schweiss und Sonnencreme ist ihr ständiger Begleiter.
Unterwegs lebt sie jeweils sechs Tage im Zelt, am siebten Tag gönnt sie sich jeweils eine Auszeit, übernachtet in einem Hotel, einem Hostel oder kommt anderweitig unter. In Deutschland hingegen hat sie mittlerweile wieder einen festen Wohnsitz inmitten der Plattenbausiedlungen in Berlin-Marzahn.
Landschaften sind für Christine Thürmer lediglich eine schöne Nebenerscheinung, wirklich eindrücklich sind für sie die Begegnungen mit den Menschen während ihrer Wanderungen und vor allem die schwierigen Etappen, die sie meistert.
Bis zum 30. Januar ist Christine Thürmer in der Schweiz und erzählt mit ihrer charmanten Art und jeder Menge Humor von ihren Erfahrungen, nimmt die Zuschauer:innen mit in ihre Welt und zeigt ganz unverblümt ihre Eindrücke.
Tiffany Sigg
Eventhinweis: Am Mittwoch, 19. Januar, um 19.30 Uhr berichtet Christine Thürmer über ihre Wanderungen in der Messe Luzern. Vorverkauf unter www.explora.ch.