«Gewisse Kritik würde ich heute nicht mehr äussern»

Regierungsrätin Michaela Tschuor zieht ein positives Fazit ihrer «Probezeit» im Gesundheits- und ­Sozialdepartement (GSD). Im Interview spricht sie über falsche Einschätzungen und Entwicklungen.

Michaela Tschuor lud für den Rückblick ins Bootshaus des Seeclubs Sursee ein. Kürzlich war sie (2. v. l.) mit der kantonalen Sportförderungskommission im Achter auf dem Sempachersee unterwegs. Bild: zvg

Michaela Tschuor, sind Sie gut gestartet?

Ja, unterdessen ist auch die Probezeit vorbei, würde man in einem normalen Job sagen (lacht).

Gibt es etwas, was anders ist, als Sie es erwartet hätten?

Als ehemalige Gemeinderätin habe ich zwar Exekutiverfahrung, dachte aber, beim Kanton wäre das sicher alles etwas anders. Mich hat überrascht, wie viel ich aus der Zeit als Gemeindepräsidentin bereits gekannt habe. Das war wirklich ein Aha-Effekt im positiven Sinne. Wir haben beispielsweise ein sehr ähnliches Rechnungslegungsmodell in der Gemeinde, und die Prozesse sind eigentlich sehr ähnlich. Der Wiedererkennungseffekt hat mich echt überrascht.

Und sonst?

Die Offenheit des Departments und der Mitarbeitenden: Nach 13½ Jahren mit einem anderen Chef ist es nicht selbstverständlich, dass sie so offen für jemand anderen, jemand jüngeren und ein anderes Geschlecht sind. Im Vorfeld wurde mir zwar gesagt, dass sie sich auf mich freuen würden. Als ich dann begonnen habe, hab ich gemerkt, dass es wirklich ein super Team ist. Die schnelle Einarbeitung habe ich zu einem gewissen Anteil auch ihnen zu verdanken.

In der Medienmitteilung war zu lesen, Sie würden die Entwicklung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie positiv beurteilen. Können Sie das etwas genauer erklären?

Das Legislaturprogramm wurde ja noch von der damaligen Regierung erstellt. Das Thema der Vereinbarkeit wurde dann noch als Ziel der neuen Regierung aufgenommen. Das ist ein toller Ausblick. Die Regierung erstellt ja auch einen Gegenentwurf zur Kita-Initiative, da hatten wir in der Regierung bereits die ersten vertieften Diskussionen gehabt. Dazu kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr sagen, weil es noch weitere Beratungen geben wird. Es ist es aber toll, zu sehen, dass die neue Regierung bereit ist, dieses Thema anzugehen. Auch aus der Wirtschaft gab es gute Signale: dass die Unternehmen der Meinung sind, dass in diesem Bereich etwas getan werden muss, um auch den Fachkräftemangel zu reduzieren.

Sie waren Kantonsrätin, sind jetzt Regierungsrätin. Gibt es Gebiete, bei denen es sonst noch Aha-Momente gab? Bereiche, in denen Sie die frühere Regierung vielleicht zu Unrecht kritisierten?

Man konnte ja beispielsweise am Mittwoch in der Zeitung lesen, dass der Aufgaben- und Finanzplan (AFP) von der zuständigen Kommission zurückgewiesen wurde. Ich mag mich erinnern, als ich im Kantonsrat sass und der AFP zurückgewiesen wurde, da hatte ich auch den Eindruck, er sei zu wenig priorisiert und es gebe einen zu grossen Stellenausbau. Ich hatte damals auch ein gewisses Unverständnis gegenüber der Regierung. Heute, wenn ich die andere Seite kenne und sehe, wie die Verwaltung arbeitet, würde ich die Kritik, die ich damals auch geäussert hatte, nicht mehr wiederholen. Ich kann das auch von meinem eigenen Departement her beurteilen. Wir haben die Stellensituation sehr kritisch hinterfragt, und ich sehe, wie umsichtig die Mitarbeitenden mit den Steuergeldern umgehen. Daher habe ich da zwischenzeitlich einen anderen Blick auf das Geschehen. Der Vorwurf ist nicht berechtigt. Die Aufgaben, die an die Kantonsverwaltung zusätzlich herangetragen werden, wachsen stetig: einerseits, weil der Bund mehr Aufgaben auf die Kantone überantwortet, und andererseits, weil im Gesetzgebungsprozess mehr Aufgaben definiert werden, die dann letztlich durch die Verwaltung umgesetzt werden müssen. Mein Blickwinkel hat sich also schon verändert.

Während Ihres Wahlkampfes haben Sie sich für eine hochwertige und dezentralisierte Gesundheitsversorgung eingesetzt. Nun sind die Gesundheitskosten ein riesiges Thema. Müssen Sie nun Abstriche machen?

Nein, von meinem Wahlversprechen weiche ich nicht ab. Ich bin davon überzeugt, dass wir eine qualitativ gute und flächendeckende Grund- und Notfallversorgung zu tragbaren Kosten sicherstellen müssen. Was wir machen müssen, ist, der Bevölkerung und dem Kantonsparlament klar aufzuzeigen, was uns eine flächendeckende gute Grund- und Notfallversorgung an drei Standorten kostet. Klar, wollen wir gleichzeitig auch eine effizientere Versorgung sicherstellen. Es wird sich da aber erst in den nächsten Jahren zeigen, wo man den Hebel noch ansetzen kann. Das ist zumindest im Kanton Luzern kein Leistungsabbau, sondern eine Priorisierung an Leistungen, was wird wo ange­boten. Hochspezialisierte Medizin muss beispielsweise nicht an drei Standorten angeboten werden.

Interview: Marcel Habegger

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