«Das ist der falsche Weg»

Wegen der fünf Bisherigen weise die Rechnung 2020 ein Minus aus, sagt der Krienser Stadtrat. Ob die Renten wirklich benötigt werden, ist noch unklar. Für Ärger sorgt die Art der Kommunikation trotzdem.

Der ehemalige Stadtrat (v. l.) mit Franco Faé, Cyrill Wiget, Lothar Sidler, Judith Luthiger, Matthias Senn und Stadtschreiber Guido Solari soll wegen der Überbrückungsrenten für das Minus von 1,9 Millionen Franken in der Rechnung 2020 verantwortlich sein. Bild: Philipp Schmidli/LZ (Archiv)

Der gesamte, maximale Überbrückungsrentenanspruch von 2,4 Millionen Franken von Matthias Senn, Lothar Sidler und Judith Luthiger, bis zu ihrem Pensionsalter, musste 2020 rückgestellt werden. Kriens habe deshalb lediglich wegen der ehemaligen Stadträte ein Minus in der Rechnung 2020 stehen, kommunizierte der neue Stadtrat vor zwei Wochen. Cyrill Wiget hatte bereits vor eineinhalb Jahren bekannt gegeben, dass er nicht mehr zu einer weiteren Legislatur antreten werde. Die mögliche Überbrückungsrente des ehemaligen Stadtpräsidenten Cyrill Wiget, in der Höhe von einer Million Franken, wurde deshalb bereits im Jahr 2019 zurückgestellt. Da lediglich diejenigen Exekutivmitglieder einen Anspruch auf eine Übergangsrente haben, die acht Jahre oder länger im Amt waren, hat der ehemalige Finanzvorsteher Franco Faé (fünf Jahre) keinen Anspruch auf eine Übergangsrente. Er erhielt, wie der «Anzeiger» aus sicherer Quelle weiss, eine einmaligen Abgangsentschädigung von 80 000 Franken.

Ob die Rückstellungen der anderen vier Bisherigen auch wirklich ganz ausbezahlt werden müssen, hängt davon ab, wie viel Geld sie bis zu ihrem Pensionsalter jährlich noch verdienen werden. Was machen die anderen vier Bisherigen, sieben Monate seit ihrem Rücktritt, also beruflich?

 

Zurück im eigenen Betrieb

Der ehemalige Stadtpräsident Cyrill Wiget ist seit Anfang 2021 zu 80 Prozent in seinem eigenen Betrieb, dem Velociped, in Kriens als Co-Betriebsleiter tätig. Seine Rente wird dementsprechend gekürzt werden. Da Wiget seinen Rücktritt allerdings bereits 2019 bekannt gab, wurde sein möglicher Überbrückungsrentenanspruch bereits im Jahr 2019 rückgestellt und betrifft die Rückstellungen bei der Rechnung 2020 nicht.

Ebenfalls wieder beruflich tätig ist Matthias Senn. Der frühere Bauvorsteher startet diesen Monat als Zentrumsentwickler der Projektplattform Zentrum Sursee Plus mit einem 30-Prozent-Mandat. «Zudem berate ich öffentliche Verwaltungen und Private in Bau-, Planungs- sowie Verkehrsfragen und biete Bauherrenunterstützungen an», berichtet Matthias Senn. «Die Einkommensnachweise werde ich wie vereinbart jeweils per Ende Jahr den Personaldiensten der Stadt Kriens offenlegen», spricht Senn an, dass sich Ende Jahr weisen wird, wie gross sein Anteil der Überbrückungsrente für das Jahr 2020 sein wird. 

Lothar Sidler, der ehemalige Sozialvorsteher, ist bereits seit September 2020 mit einem Pensum von 60 Stellenprozenten Geschäftsleiter des Spitex-Kantonalverbandes Luzern. Gut möglich also, dass auch er, zumindest in diesem Jahr, nicht die gesamte Rente beziehen wird. Wer mehr als 48 Prozent verdient als sein durchschnittliches Einkommen während der Zeit im Gemeinde- beziehungsweise Stadtrat, erhält von der Stadt Kriens nicht mehr das Maximum des Betrages.
Die ehemalige Bildungsvorsteherin Judith Luthiger hat momentan keine feste Anstellung. Wie sie berichtet, ist sie aktuell in der Freiwilligenarbeit tätig. Sie würde zum aktuellen Stand also für 2021 ihren vollen zustehenden Betrag ausbezahlt bekommen.

 

«Es gab immer Sparpakete»

Auch mit dem ersten Satz im Bericht über die Rechnung auf der Website von Kriens kommuniziert die Stadt, als ob sich die fünf bisherigen Stadträte erst kurz vor ihrem Amtsende um den Schuldenberg gekümmert hätten. Er schreibt: «In Kriens bemühen sich Politik und Verwaltung seit einem Jahr intensiv um eine Trendwende.» Den ehemaligen Stadtpräsidenten ärgert die Art der Kommunikation. «Bei allem Wohlwollen für die Neuen, seit ich in der Politik von Kriens mitgewirkt habe, und das waren 24 Jahre, wurden immer Sparpakete geschnürt. In meiner Zeit als Exekutivmitglied habe ich immer in meinem Verantwortungsbereich einen sehr sorgfältigen Umgang mit Steuergeldern gepflegt», betont Wiget. «Wenn der neue Stadtrat nun schreibt, er hätte die Trendwende 2020 eingeläutet, dann ist das nicht nur inhaltlich falsch, denn die erste Rechnung, die der neue Stadtrat verantworten wird, ist die Rechnung 2021, sondern er unterstellt auch allen Parlamentariern und allen Exekutivmitgliedern der letzten Jahre, sie hätten sich nicht um ausgeglichene Finanzen bemüht. Selbst die Strategie zur finanziellen Genesung, mit der sich der Stadtrat nun brüstet, stammt von seinen Vorgängern», findet Wiget klare Worte.

Er blickt auch in die Zukunft. «Mein Anliegen ist, dass sich auch in Zukunft engagierte und fähige Menschen für den Dienst an der Öffentlichkeit entscheiden. Der Stadtrat ist sich bewusst, dass die Bemühungen in den letzten Jahren regelmässig durch Steuersenkungen von Bund und Kanton sowie aufgrund neuer Aufgaben zunichtegemacht wurden. Jetzt den Übergangsrenten Schuld zu geben ist nicht fair», stört sich Wiget. Das Volk habe entschieden, die Reglemente gelten seit 30 Jahren, sie würden etwas kosten, seien aber niemals der Grund für die wirtschaftliche Misere. «Sollten sich junge Menschen solche Geschmacklosigkeiten nicht mehr antun wollen, werden sie die Hände von der Politik lassen. Das ist der falsche Weg, damit tragen wir der Demokratie keine Sorge», meint er bestimmt. 

 

Senn und Sidler nehmen es gelassen

Matthias Senn lässt zwar bei seiner Aussage auch durchblicken, dass er den fünf Neuen nicht alle Lorbeeren für die bessere Rechnung überlassen will, er sagt aber: «Ich sehe keine Kritik am ehemaligen Stadtrat. Alle aufgelisteten Massnahmen vom April 2020 wurden vom ehemaligen Stadtrat beschlossen. Diese waren offensichtlich erfolgswirksam. Zudem basiert das neue Budget stark auf der Finanzstrategie, die vom ehemaligen Stadtrat verabschiedet wurde.» Auch Lothar Sidler zeigt auf, dass es eine Frage der Betrachtungsweise ist: «Der Stadtrat hält in seiner Mitteilung fest, dass die Trendwende im April 2020, also zu unserer Zeit, eingeläutet worden ist, indem der damalige Stadtrat reagierte und im April 2020 eine Ausgaben- und Investitionsbremse beschlossen habe.»

Marcel Habegger

Weitere Artikel zu «Region», die sie interessieren könnten

Region26.02.2024

Adieu, «Anzeiger Luzern»

Vom englischen Königshaus, von einem Podium unter Polizeischutz, Weltstars wie Anne-Sophie Mutter oder Joss Stone bis zum «falschen» Barenboim: Nach vielen…
Stadt Luzern: besseres Rechnungsergebnis
Region26.02.2024

Stadt Luzern: besseres Rechnungsergebnis

Für das Jahr 2023 verzeichnet die Stadt Luzern einen Gewinn von 80 Mio. Franken, obwohl ein Verlust von 31,2 Mio. Franken budgetiert war.
Tourismus Luzern: fast komplette Erholung
Region26.02.2024

Tourismus Luzern: fast komplette Erholung

In der Stadt Luzern haben im Jahr 2023 20,8 Prozent mehr Gäste übernachtet als im Vorjahr und 3,9 Prozent weniger als 2019.