«Das hat nichts mit der Realität zu tun»
Die Grossstadträte Lukas Bäurle (Grüne), Rieska Dommann (FDP) und Patrick Zibung (SVP) debattierten letzte Woche an einer Podiumsdiskussion über die Abstimmung vom 25. September.
«Herr Bäurle, scheitern Sie gerne, oder sind Sie ein grenzenloser Optimist?» Christian Meier, stellvertretender Chefredaktor und Leiter regionale Ressorts der «Luzerner Zeitung», konfrontierte Grossstadtrat Lukas Bäurle (Grüne) eingangs der Podiumsdiskussion im Forum der CH Regionalmedien AG mit dem ambitionierten Ziel, in acht Jahren die CO2-Emissonen von 5 Tonnen auf 1,2 Tonnen pro Person zu reduzieren. «Man muss sehen, wir haben Zeit verloren, weil wir über diesen Gegenvorschlag diskutieren.» Trotzdem erklärte er: «Das schaffen wir. Jeder Privathaushalt, der ein solches Projekt angeht, kann dies in ein paar Jahren realisieren», zeigte er sich überzeugt. Mit einem «solchen Projekt» meinte er unter anderem die Heizungen, die erneuert werden müssten.
Der Stadtrat hatte ursprünglich einen linearen Absenkpfad der CO2-Emissionen beschlossen, das Parlament in seiner Debatte hatte dann aber eine strengere Variante gefordert. «Aktuell stehen wir bei 4,8 Tonnen, dann wäre die logische Folge, dass wir im Jahr 2030 bei 2,4 stünden und 2040 bei null sind», rechnete Grossstadtrat Rieska Dommann (FDP) vor, der den Gegenvorschlag am Podium vertrat. «Das Parlament hat relativ nonchalant beschlossen, wir müssen bereits 2030 bei null stehen», so Dommann. «Das Parlament hat aber noch nie kommuniziert, wie es diese Ziele erreichen will. Die 32 Massnahmen in der Vorlage, all das basiert auf 2030 mit 2,4 Tonnen. Wenn man nun den Absenkpfad so deutlich verschärft, müsste man der Bevölkerung ja auch ehrlicherweise sagen, wie man dies erreichen will», kritisierte der FDP-Politiker. Er geht davon aus, dass dies deutlich mehr Kosten verursachen würde. «Man müsste in den nächsten sieben oder acht Jahren 6000 Gebäude von Öl- und Gasheizungen auf erneuerbare Energien umstellen. Die Stimmberechtigten werden bei dieser Vorlage verschaukelt, wenn man gar nicht sagt, was dies bedeutet», so Dommann. Bei Artikel 7 stehe in der Vorlage, dass der Stadtrat die Massnahmen verschärfen müsste, wenn er sieht, dass die Ziele nicht erreicht werden.» Dommann ist davon überzeugt, dass dies kommen würde: «Sonst erreichen wir diese Ziele nie, das wäre völlig illusorisch, dies zu glauben.»
Lukas Bäurle ist davon überzeugt, dass ein gewisser Druck aufgebaut werden muss. Anders als sein Ratskollege ist er auch davon überzeugt, dass man rechtzeitig genügend Fachkräfte haben wird. «Die Finanzierung ist angedacht, es gibt die Finanzierung über die Konzessionsabgaben und die Finanzierung über den Klimarappen», konterte Bäurle bezüglich des Vorwurfs, man habe keinen Weg aufgezeigt, wie diese Ziele finanziert werden sollen.
«Da macht man sich etwas vor»
Gegen beide Vorschläge ist die SVP, vertreten durch Grossstadtrat Patrick Zibung. «Für die Stadt Luzern ist relevant, sich damit abzufinden, dass es einen Klimawandel gibt», erklärte er. «Wir haben in der Stadt auch eine Klimaanpassungsstrategie beschlossen, zu der sich die SVP bekennt», so Zibung. Er betonte aber auch: «Dass wir einen Einfluss auf das Weltklima haben, ist illusorisch, da macht man sich etwas vor», erklärte er. Deshalb lege die SVP den Fokus darauf, das städtische Klima angenehm zu gestalten. Auch Anlagen sollen so lange laufen, wie sie funktionieren. «Man sollte funktionierende Anlagen nicht ersetzen müssen, das ist nicht nachhaltig», so der SVP-Politiker.
«Unsere Kaufkraft ist Weltspitze»
Podiumsleiter Christian Meier hackte bei Lukas Bäurle nach, ob das Personal und die Ware denn vorhanden wären, um die Ziele zu erreichen. PV-Module seien vorhanden, und es gäbe auch einen neuen Ausbildungslehrgang, der im nächsten Sommer starte, erklärte der Grüne-Vertreter. «Wir müssen halt einfach. Unsere Kaufkraft ist Weltspitze, wir werden an das Material herankommen», ist er überzeugt. Bäurle sieht das Problem eher beim Personal. «Wer nur ein wenig die Branchen kennt, weiss, dass das, was Lukas Bäurle erzählt, nichts mit der Realität zu tun hat», entgegnete Rieska Dommann harsch. «Wir haben jetzt schon einen massiven Fachkräftemangel – oder versuchen Sie mal einen Termin für eine PV-Anlage oder einen Heizungsersatz zu erhalten. Da wartet man schon jetzt Monate. Und das soll nun alles noch beschleunigt werden? Ich weiss nicht, woher diese Leute plötzlich kommen sollen. Das ist einfach nicht möglich.»
Marcel Habegger
Das Podium im Nachgang anschauen unter: www.luzernerzeitung.ch (in der Suchmaske Klima- und Energiestrategie Stadt Luzern: das Podium eingeben).