Bessere Argumente gefragt

Die Stadt versucht, Immobilienbesitzende mit Förderprogrammen zu motivieren, um von den fossilen Heizungen wegzukommen. Dies funktioniert aber nur bedingt, deshalb stehen auch Verbote zur Diskussion.

In der Stadt Luzern werden noch rund 90 Prozent der Gebäude mit fossiler Energie beheizt. Bild: Bruno Gisi

Die rund 2,3 Millionen Gebäude in der Schweiz beanspruchen rund 45 Prozent des Energieverbrauchs. Der Gebäudesektor ist für 33 Prozent der gesamten CO2-Emissionen verantwortlich. Ein Grund dafür ist, dass immer noch 60 Prozent der Gebäude mit fossiler Energie beheizt werden, also mit Öl oder Erdgas. In der Stadt Luzern sind es gar noch 90 Prozent. Ein Anteil, der für eine Stadt nicht unüblich ist. 

 

«Gut in Schuss» ist relativ

 Wie können Eigentümer:innen zu einer energetischen Erneuerung motiviert werden? Diese Frage wurde in der Studie «Energetische Erneuerung statt minimaler Instandhaltung» von Interface, die vom Bundesamt für Energie mitfinanziert wurde, untersucht. Mitautorin der Studie ist die Luzerner Kantonsrätin Meta Lehmann. Sie schreibt in der Studie mit dem Titel «Heizungsersatz statt umfassender Sanierung?»: «Wenn Eigentümerschaften auf Sanierungsmassnahmen verzichten, liegt das oft daran, dass sie dafür keinen Bedarf sehen. Das Gebäude wird als ‹gut in Schuss› bezeichnet. Dabei trifft es zwar zu, dass die Fassaden, die Dächer und die Heizungen ihre Funktion noch erfüllen, ihre energetischen Eigenschaften liegen aber weit unter dem, was heute technisch möglich wäre.»

Bedeutsam im Zusammenhang mit der energetischen Erneuerung ist die Generationenfrage: Die Eigentümer:innen der in der Studie untersuchten Gebäude befinden sich meist im Pensionsalter. Ihre Motivation, das Ersparte in eine Sanierung zu investieren, ist klein. Vielmehr möchten sie diese Aufgabe einer zukünftigen Käuferschaft oder den Erben überlassen.

Nichtsanierer sind gemäss der Untersuchung nicht etwa weniger für Umweltfragen sensibilisiert als andere Eigentümerschaften. Die Bedeutung des Energieverbrauchs für den Klimaschutz wird durchaus erkannt. Das Interesse für Energiethemen ist durchaus vorhanden, dies bestätigt auch Tobias Ammann von der Umweltberatung der Stadt Luzern: «Wir haben sehr regelmässig Beratungen.» Diese Beratungen sind kostenlos und dauern rund je drei Stunden.

Welche Energie ist heute wirtschaftlicher? Das ist die entscheidende Frage. Die Antwort von Fachpersonen lautet: «Wenn über die ganze Betriebsdauer gerechnet wird, sind erneuerbare Heizsysteme in den meisten Fällen günstiger als fossile.» Rita Kobler, Fachspezialistin für erneuerbare Energien beim Bundesamt für Energie (BFE), sagt: «Wer rechnet, heizt oft nicht mehr mit Öl. Es geht aber um mehr als nur ums Geld: Erneuerbar heizen hat einen grossen Einfluss auf die eigene Ökobilanz und trägt dazu bei, diese zu verbessern. Mit einer nicht fossilen Heizung handeln Hausbesitzerinnen und -besitzer zugunsten des Klimas – für sich, ihre Kinder und ihre Enkel.» Kobler wird nächste Woche an zwei Informationsveranstaltungen ein Referat zum Thema Heizen halten. Viele nicht fossile Heizsysteme ziehen höhere Investitionskosten nach sich. Diese Kosten aber können dank Energieeinsparungen und eines geringeren Unterhalts über die Lebensdauer hinweg kompensiert werden.

 

60 Prozent blieben bei fossiler Lösung

Im städtischen Parlament wurde vergangenen Donnerstag über die Klima- und Energiestrategie Stadt Luzern ein erstes Mal diskutiert. 

In den Jahren 2019 und 2020 wurde in der Stadt Luzern beim Ersatz von fossilen Heizungen in rund 60 Prozent der Fälle wiederum eine fossile Lösung realisiert, schreibt die Stadt in ihrem Bericht und Antrag. Aufgrund der langen Nutzungsdauer von Heizungssystemen sollten aus ihrer Sicht bei Neubauten und beim Heizungsersatz aber keine fossilen Feuerungen mehr installiert werden. Die Stadt ist aber auch zur Erkenntnis gekommen: Ohne Vorschriften ist dieses Ziel nicht erreichbar. Eine finanzielle Förderung allein reiche nicht aus, denn diese biete den Eigentümer:innen zu wenig Anreize. Ein generelles Verbot ist zwar nicht möglich. Das kantonale Energiegesetz erlaubt es den Gemeinden aber, für bestimmte in der Nutzungsplanung bezeichnete Gebiete ein solches Verbot zu erlassen.

Von insgesamt knapp 6000 fossilen Wärmeerzeugern auf Stadtgebiet wären gemäss Bericht und Antrag zirka 4250 Anlagen vom Verbot betroffen. Bei einer mittleren Lebensdauer von 20 Jahren werden nach Inkrafttreten des neuen Bauzonenreglementsartikels von 2023 bis 2030 rund 1700 fossile Wärmeerzeuger ersetzt. Die Beratung des Berichts und Antrags vom 30. Juni 2021, «Klima- und Energiestrategie Stadt Luzern», wird an der Sitzung vom 17. Februar fortgesetzt werden.

Marcel Habegger/PD

 

Box: Infoveranstaltungen für Wohneigentümer zum Thema Heizen   

Dienstag, 8. Februar, Hotel Sempachersee, Kantonsstrasse 46, 6207 Nottwil, 19 bis 21 Uhr, und Donnerstag, 10. Februar, Gasthaus Löwen, Baselstrasse 10, 6252 Dagmersellen, 19 bis 21 Uhr.
Referenten: Rita Kobler, Fachspezialistin erneuerbare Energien beim Bundesamt für Energie (BFE), Manuel Fischer, Geschäftsführer Fischer Wärmetechnik AG.
Die Anlässe sind kostenlos. Die Anmeldung ist erwünscht und wird empfohlen. Anmeldung online über www.heizprofi.ch oder per Telefon 041 921 11 08. Der Anlass wird unter der 2G-Regel durchgeführt.

Weitere Artikel zu «Region», die sie interessieren könnten

Region26.02.2024

Adieu, «Anzeiger Luzern»

Vom englischen Königshaus, von einem Podium unter Polizeischutz, Weltstars wie Anne-Sophie Mutter oder Joss Stone bis zum «falschen» Barenboim: Nach vielen…
Stadt Luzern: besseres Rechnungsergebnis
Region26.02.2024

Stadt Luzern: besseres Rechnungsergebnis

Für das Jahr 2023 verzeichnet die Stadt Luzern einen Gewinn von 80 Mio. Franken, obwohl ein Verlust von 31,2 Mio. Franken budgetiert war.
Tourismus Luzern: fast komplette Erholung
Region26.02.2024

Tourismus Luzern: fast komplette Erholung

In der Stadt Luzern haben im Jahr 2023 20,8 Prozent mehr Gäste übernachtet als im Vorjahr und 3,9 Prozent weniger als 2019.