Auch der Breitensport leidet
Nicht nur die Profi-Clubs haben aktuell finanzielle Sorgen, auch die Breitensportvereine kämpfen zum Teil ums Überleben. Hier sind die Stimmen aber noch nicht so laut geworden wie in der Kulturszene.
Es war ein spezielles Gefühl für die Geräteturnerinnen und -turner des BTV Luzern, als sie am letzten Mittwoch nach mehreren Wochen Abwesenheit wieder in der Halle stehen durften – selbstverständlich mit Schutzmasken, auch während der Übungen. «Man kann zu Hause schon Kraft und Beweglichkeit trainieren, am Gerät ist es halt aber schon etwas anderes», sagt Vereinspräsident Beni Boos. Die vier Wochen Abwesenheit fühlten sich für die Turnerinnen und Turner wie eine Ewigkeit an. Die unter 16-Jährigen konnten auch nach dem Bundesratsentscheid von Ende Oktober weitertrainieren, bei den Älteren musste man sich zuerst neu organisieren.
Ende 2019 hatte Boos bei der Generalversammlung ein «ruhiges Jahr, ohne Eidgenössisches Turnfest, ohne Weltturnfest Gymnaestrada», angekündigt. Nun ist er in seinem siebten Präsidialjahr so gefordert wie noch nie. Immer wieder mussten neue Schutzkonzepte erstellt werden, Profitrainer wurden für Kurzarbeit angemeldet. Finanziell hofft der Präsident auf den Goodwill von Eltern, Sponsoren und Gönnern. «Ein Jahr bringt man dies so noch irgendwie durch, ob auch ein zweites, ist momentan schwierig abzuschätzen», meint er. «Wir haben zumindest den Vorteil, dass wir auch weniger Ausgaben haben, wenn wir keine Wettkämpfe bestreiten», sagt Bos. Einige Auslagen wie Trainergehälter oder die von der Stadt Luzern bereits reduzierten Hallenmieten seien aber trotzdem da.
Nachwuchsverlust wird gefürchtet
Szenenwechsel: In der Eishalle Luzern sind die Jüngsten am Trainieren. «Ich bin sehr dankbar, dass die Kinder noch trainieren dürfen», freut sich Vizepräsident Stefan Unternährer. «Hätte es erneut einen totalen Stopp gegeben, wäre es sehr schwierig geworden, dass der Nachwuchs nicht abwandert», erklärt er.
Der HC Luzern hatte im Oktober zahlreiche Corona-Fälle in zwei Erwachsenen- Mannschaften, die sich im Ausgang infiziert hatten. Für Aktive wird unter Berücksichtigung der nötigen Schutzmassnahmen und Einhaltung der Begrenzung aktuell ein technisches Training angeboten. Die Herausforderung des Vorstands ist, ohne Zuschauereinnahmen irgendwie über die Runden zu kommen. Bezüglich der Eismiete sind die Verantwortlichen mit deutlich höheren Kosten konfrontiert als beispielsweise ein Fussballclub. Wie Beni Boos hofft auch Unternährer auf den Goodwill von Eltern und Sponsoren.
Aktuell nur wenig betroffen
Weniger Probleme hat der Leichtathletikclub Luzern. Die meisten Trainings werden unter freiem Himmel in etwas kleineren Gruppen durchgeführt. Im Bahnkanal tragen alle Schutzmasken – auch während der Sprints. «Da geht es oft um Technikübungen, deshalb ist das auch nicht so ein grosses Problem», erklärt Kay Vogel von der Geschäftsstelle. Ebenfalls wenig von den Schutzmassnahmen betroffen ist der Schwimmclub Luzern. Aus Sicht der Schwimmschule gibt es keine Einschränkungen, da alle Teilnehmenden unter 16 Jahre alt sind. Der Schwimmunterricht findet unter dem vorgegebenen Schutzkonzept normal statt.
Im Schwimmtraining für die älteren Mitglieder gilt das Schutzkonzept des Hallenbads, dass nur vier Schwimmer über 16 Jahre in einer Bahn schwimmen dürfen. «Die Schwimmschule und das eigentliche Schwimmtraining leiden sicherlich unter der aktuell herrschenden Unsicherheit wegen der Corona-Pandemie», sagt der Vereinspräsident Daniel Eiermann. Die finanziellen Auswirkungen können gemäss dem Präsidenten noch nicht abschliessend beurteilt werden.
Draussen – so lange, wie es geht
Auch beim FC Kickers ist man aktuell dankbar um die Wetterumstände. «Dank dem Kunstrasen ist das Training aktuell für die Aktiven auch noch im Freien möglich», sagt Spielkommissionsleiter Robert Laurent. Die Saison ging vor gut einer Woche zu Ende. Daher ist der Spielbetrieb nicht mehr gestört. Ein Hallentraining könne er sich mit den Aktiven nicht vorstellen. «Die Platzverhältnisse wären zu eng», meint Laurent.
Drei Juniorenhallenturniere, die als wichtige Einnahmequellen für die Förderung der 300 Junioren gelten, wird der Verein in diesem Jahr aber nicht durchführen können. «Wir werden in der kommenden Saison sicher mit einigen tausend Franken weniger auskommen müssen.»
Laurent schaut etwas neidisch in Richtung Kultur. «Wir haben es im Breitensport leider noch nicht geschafft, gemeinsam für unsere Bedürfnisse in der aktuellen Lage einzustehen», bedauert er. Hilfe könnte vom Kanton kommen. Eine Motion von Urs Dickerhof (SVP) fordert, dass der Breitensport mehr Geld erhalten soll. Mehr als 60 Parlamentarier – und damit mehr als die Hälfte des Kantonsrates – unterstützen den Vorschlag des abgetretenen SVP-Fraktionspräsidenten. Die Chancen stehen also nicht schlecht, dass auch dem Breitensport unter die Arme gegriffen wird.
Marcel Habegger