Als die Denkmalpflegerin mit ihren Fotos aneckte

Der Theaterclub Luzern lud am Mittwoch zur Diskussionsrunde über das Neue Luzerner Theater und wurde vom Ansturm überrascht. Anstatt der erwarteten 100 kamen 250 Personen in die Kornschütte.

V. l.: Stadtpräsident Beat Züsli; Landschaftsarchitektin Rita Illien; Gesprächsleiter Emanuel Christ; Denkmalpflegerin Kanton Luzern, Cony Grünenfelder; Präsident Theaterclub Luzern, Philipp Zingg; Betriebsdirektor LT, Stefan Vogel; Andreas Ilg und Marcel Santer, Architekten des Siegerprojekts; Stiftungsratspräsidentin LT, Gabriela Christen, und Jurypräsident Patrick Gmür. Bild: Bruno Gisi

Philipp Zingg, Präsident des Theaterclubs Luzern und Veranstalter der Diskussionsrunde in der Kornschütte von Mittwoch, stellte eingangs der Veranstaltung eine Forderung: «Es soll kein kontradiktorisches Gespräch werden, das will ich nicht. Hier soll es Informationen geben, und wir stellen Transparenz her.» Die Gefahr, dass es zu einem Streitgespräch kommen könnte, bestand auch nicht wirklich. Keiner der Podiumsteilnehmenden war ein Kritiker oder eine Kritikerin des Siegerprojekts, die meisten sassen selbst in der Jury.

Jurypräsident Patrick Gmür erklärte seinerseits unter anderem, weshalb man auf die öffentliche Jurierung verzichtet hatte. In seiner siebenjährigen Tätigkeit als Stadtplaner der Stadt Zürich hatte er selbst öffentliche Jurierungen miterlebt. «Diese mussten abgesagt werden, weil die Anonymität nicht garantiert werden konnte», so Gmür.

Einsprachen haben Konsequenzen

Von acht Architekturbüros, die am Wettbewerb teilgenommen haben, sind beim Kantonsgericht Beschwerden zum Verfahren eingereicht worden. Domino Hofstetter, Fachanwältin für Bau- und Immobilienrecht von Hofstetter Advokatur und Notariat, erklärte am Mittwochabend, welche Konsequenzen diese Beschwerden bereits haben und noch haben könnten. «Das Kantonsgericht kann diese Beschwerden abweisen oder gutheissen», so Hofstetter. Werden sie gutgeheissen, könnte die Zuschlagsverfügung aufgehoben werden und das Preisgericht müsste die acht ausgeschlossenen Projekte nachträglich noch überprüfen und rangieren», so die Rechtsanwältin. Da die Anonymität dabei nicht gewährleistet wäre, ist diese Variante relativ unrealistisch. Ein anderes Szenario wäre realistischer: «Wenn das Gericht den Ausschluss als rechtswidrig erachten würde, könnte dies dazu führen, dass die ausgeschlossenen Büros Schadenersatz fordern könnten – am Ergebnis würde sich jedoch nichts ändern.» Wegen des Verfahrens dürfen gemäss Hofstetter aktuell zudem keine Verträge abgeschlossen werden, zudem darf das Preisgeld nicht ausbezahlt werden.

Mehr Säle, besseres Ergebnis?

Von der Stiftungsratspräsidentin Gabriela Christen und dem Betriebsdirektor Stefan Vogel des Luzerner Theaters wollte Philipp Zingg wissen, ob eine Vergrösserung des Theaters in einer Stadt wie ­Luzern überhaupt nötig sei. Stefan Vogel erklärte, dass bei drei Sälen das Personal effizienter eingesetzt werden könnte. «Wir möchten das Theater in etwa mit dem heutigen Personalschlüssel bespielen. Heute müssen wir aber täglich das Bühnenbild wechseln. 60 Prozent unseres bühnenbetrieblichen Aufwands gehen an die Infrastruktur anstatt in die Kunst», so Vogel.

Die effektive Diskussionsrunde leitete der mit dem Theaterprojekt nicht verbundene Basler Architekt Emanuel Christ, was dem Fluss der Diskussion nicht nur gut tat. Christ nahm selbst zu viel Redezeit ein, und es ­wurden viele Aspekte wie etwa die Öffnung des Theaters angesprochen, welche in den letzten Wochen schon mehrmals thema­tisiert wurde, andere Punkte wie etwa die Zugänglichkeit, die viele Luzerner:innen beschäftigt, wurden nicht thematisiert, von einem Zuhörer am Ende der Veranstaltung aber noch angesprochen.

Die Architekten entgegneten, dass es entlang der Jesuitenkirche auch beim Neubau einen rund neun Meter breiten Strassenraum geben würde und der Zugang zur Buo­benmatt-Passage via öffentliches Foyer im Theater, das ganztägig geöffnet sein wird, zugänglich sei.

Fotos werden ungern gesehen

Zuvor gab die Denkmalpflegerin Kanton Luzern, Cony Grünenfelder, einen Einblick in ihre Gefühlslage in der Jury. «Da man den Plan hatte, das alte Gebäude abzureissen, bin ich der Jury mit einem mulmigen Gefühl beigetreten. Ich betonte zu Beginn auch nochmals, dass es ein grosses Risiko sei, das man damit in Kauf nehmen würde.» Damit wies sie auf die drohenden Einsprachen ein. «Alle Projekte, die das Theater näher an die Reuss gesetzt hätten, gingen stark in die Konkurrenz mit der Jesuitenkirche. Das ­Siegerprojekt respektiert das Stadtbild», so Grünenfelder.

Dazu zeigte Grünenfelder ihren Jurykolleg:innen während der Sitzungen auch immer wieder Fotos des aktuellen Stadtbildes. «Dass sie diese Fotos immer wieder gezeigt hat, hat uns manchmal auch etwas gestört», gab Jurypräsident Patrick Gmür zu. Als er an diesem Abend gefragt wurde, was denn das Überraschendste gewesen sei, sagte er: «Das Überraschendste am Architekturwettbewerb war wohl, dass dieses Projekt gewonnen hat.» Und er betonte nochmals, dass die Jury eigentlich davon ausgegangen sei, ein komplett neues Theater zu bauen. Fünf Tage nahm man sich gemäss Gmür in der Jury Zeit, zwischen den letzten beiden Projekten einen Sieger auszuwählen: das eine Projekt ein kompletter Neubau, das andere der letztliche Sieger.

Marcel Habegger

Informationsveranstaltung

Die Gemeinde Horw und die Stadt Luzern führen eine Info-Veranstaltung durch. Diese findet am Dienstag, 24. Januar, um 19 Uhr in der Aula des Oberstufenschulhauses in Horw statt. Es ist keine Anmeldung nötig.

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