46 Lernende in einem Hotel

In wenigen Wochen starten die Abschlussprüfungen, doch zahlreiche Lernende haben keine Arbeit, weil ihr Lehrbetrieb geschlossen ist, in der Hotel- und Gastrobranche hat man sich aber gegenseitig geholfen.

«Die grösste Herausforderung ist, im Hinblick auf die Prüfung praktische Erfahrung und Sicherheit zu erlangen», meinen die beiden angehenden Restaurationsfachpersonen Manuel Saladin (l.), Hotel Schweizerhof, Luzern, und Selina Steinegger, Seehotel Hermitage, Luzern. Bilder: Bruno Gisi

«Die grösste Herausforderung ist, im Hinblick auf die Prüfung praktische Erfahrung und Sicherheit zu erlangen», meinen die beiden angehenden Restaurationsfachpersonen Manuel Saladin (l.), Hotel Schweizerhof, Luzern, und Selina Steinegger, Seehotel Hermitage, Luzern. Bilder: Bruno Gisi

Angehende Köchin Nicole Berchtold (l.) der Wirtschaft zum Schweizerhaus, Engelberg, mit der angehenden Küchenangestellten Lorena Cappa, Hotel Alpenblick, Weggis, im «Wilden Mann».

Angehende Köchin Nicole Berchtold (l.) der Wirtschaft zum Schweizerhaus, Engelberg, mit der angehenden Küchenangestellten Lorena Cappa, Hotel Alpenblick, Weggis, im «Wilden Mann».

Angehende Hotel-Kommunikationsfachleute: Luca Clutz Rivera des H + Hotel & Spa, Engelberg, und Selina Bah des Ameron, Hotel Flora, Luzern, stehen kurz vor den Prüfungen.

Angehende Hotel-Kommunikationsfachleute: Luca Clutz Rivera des H + Hotel & Spa, Engelberg, und Selina Bah des Ameron, Hotel Flora, Luzern, stehen kurz vor den Prüfungen.

Normalerweise treffen sie sich nur in der Gewerbeschule, nun arbeiten plötzlich Lernende aus vielen verschiedenen Hotels und Restaurants der Zentralschweiz Seite an Seite im selben Betrieb. Möglich macht dies das Hotel Wilden Mann, das während der Pandemie kurzerhand zum Ausbildungshotel umfunktioniert wurde. 

Aufgrund zahlreicher, vorübergehender Schliessungen fehlt es gerade Lernenden, die kurz vor den Abschlussprüfungen stehen, an wichtigen Praxiserfahrungen. Sie erhalten seit Ende Januar im «Wilden Mann», der ebenfalls pandemiebedingt seit Dezember geschlossen ist, die Möglichkeit, zu trainieren. «Ich muss unserer Branche ein Kränzchen winden, es ist wunderschön, zu sehen, wie die Betriebe im Sinne der Lernenden auf die Situation reagiert haben», sagt Thomas Tellenbach, Betriebsleiter von G’ART, einer ausbildungsergänzenden Schule für Gastronomie-Berufe in Luzern. 

Lernende erhalten im «Wilden Mann» alle zwei Wochen während rund dreier Tage Zeit, unter Beobachtung von Fachkräften zu üben. Finanziert wird das Projekt einerseits durch ein Crowdfunding, die Berufsverbände sowie Kantons- und Bundesgelder. «Wir haben nun genügend Berufsbildende gefunden, damit wir auch noch eine zweite Klasse eröffnen können», freut sich Tellenbach. Es stand gar noch zur Diskussion, ein zweites Hotel zu eröffnen, dies war aber finanziell und organisatorisch nicht stemmbar. Aktuell können im «Wilden Mann» rund 48 Plätze angeboten werden. Luzern war nach Bern der zweite Kanton, der ein Lernenden-Hotel eröffnet hat, inzwischen haben zahlreiche weitere Kantone die Idee umgesetzt.

 

Einfach wird es trotzdem nicht

Ergänzt wird das Angebot mit Kursen am Weiterbildungszentrum, die ebenfalls zur Vorbereitung für die Prüfungen dienen, allerdings bereits in früheren Jahren durchgeführt wurden. Wie im Lernenden-Hotel arbeiten die angehenden Fachkräfte hier für richtige Gäste, wie beispielsweise Ruedi Stöckli, Präsident von Gastro Luzern, der am Samstag zu Gast war. «Diese Trainings sind für die Lernenden enorm wichtig, denn einfacher werden die Prüfungen trotz Pandemie nicht», verspricht er. Ob und wenn ja, welche Anpassungen es bei den Prüfungen geben wird, ist noch nicht bekannt. «Im Moment diskutiert die Branche noch über Einzelheiten und Möglichkeiten», erklärt Thomas Tellenbach von G’ART. In Sachen Prüfungsvorbereitungen geht er davon aus, dass aktuell nur noch ein kleiner Teil von Lernenden auf sich alleine gestellt ist. «Denn die Restaurants und Hotels haben sehr schnell nach Lösungen für ihre Auszubildenden gesucht», erklärt Tellenbach die Gründe dafür.

 

Plötzlich im Berner Oberland

Das Hotel Montana ist seit dem 4. Januar und noch bis diesen Donnerstag geschlossen. Ein angehender Koch, ein Hotelkommunikationsfachmann und eine lernende Kauffrau Hotel-Gastro-Tourismus (HGT) konnten während dieser Zeit im Hotel Lenkerhof im Simmental BE Praxiserfahrungen sammeln, weitere Lernende wurden in anderen Betrieben in Luzern und Brunnen beschäftigt. «Zu den Verantwortlichen im ‹Lenkerhof› pflegen wir ein freundschaftliches Verhältnis. Sie konnten unsere Lernenden aufgrund der hohen Anfrage in den Bergen gut einsetzen»,erklärt Sandra Widmer, Leiterin Marketing und Sales beim Hotel Montana. «Da das 5-Sterne-Hotel selbst Lernende ausbildet, waren unsere Nachwuchstalente in guten Händen.»

 

Im Stadthaus anstatt im KKL

Das Berufsbildungsamt des Kantons hat den Betrieben Adressen mit Betrieben zur Verfügung gestellt, die die Lernenden vorübergehend beschäftigen können. Allerdings haben nicht nur reine Gastro- und Hotelbetriebe mit dem Problem zu kämpfen, dass sie für ihre Auszubildenden keine Arbeit haben – auch Kulturbetriebe.

Seit Februar kann eine KV-Lernende des KKL Luzern deshalb während dreier Monate bei der Stadt Luzern arbeiten, zwei Kochlernende kochen im Kantonsspital. «Die Zusammenarbeit mit dem Kantonsspital und auch mit der Stadt Luzern gestaltet sich sehr angenehm und flexibel», sagt Corinne Schneebeli, Mediensprecherin des KKL Luzern. «Wir sind sehr froh, unseren Lernenden diese Möglichkeit bieten zu können.»

Marcel Habegger

Weitere Artikel zu «Region», die sie interessieren könnten

Region26.02.2024

Adieu, «Anzeiger Luzern»

Vom englischen Königshaus, von einem Podium unter Polizeischutz, Weltstars wie Anne-Sophie Mutter oder Joss Stone bis zum «falschen» Barenboim: Nach vielen…
Stadt Luzern: besseres Rechnungsergebnis
Region26.02.2024

Stadt Luzern: besseres Rechnungsergebnis

Für das Jahr 2023 verzeichnet die Stadt Luzern einen Gewinn von 80 Mio. Franken, obwohl ein Verlust von 31,2 Mio. Franken budgetiert war.
Tourismus Luzern: fast komplette Erholung
Region26.02.2024

Tourismus Luzern: fast komplette Erholung

In der Stadt Luzern haben im Jahr 2023 20,8 Prozent mehr Gäste übernachtet als im Vorjahr und 3,9 Prozent weniger als 2019.