Unerforschte Unterwelt

Mit seinem Dokumentarfilm «Caves» feiert Carlos Isabel Garcia Anfang September am Filmfestival Venedig Weltpremiere. Dem Wahlkrienser ist es gelungen, eindrückliche 360-Grad-Aufnahmen von unterirdischen Höhlensystemen zu machen.

Carlos Isabel Garcia hat ein dreiköpfiges Forschungsteam während acht Tagen 350 Meter unter der Erdoberfläche begleitet. Bilder: PD

Carlos Isabel Garcia hat ein dreiköpfiges Forschungsteam während acht Tagen 350 Meter unter der Erdoberfläche begleitet. Bilder: PD

Filmemacher Carlos Isabel Garcia.

Filmemacher Carlos Isabel Garcia.

Klaustrophobische Enge und totale Finsternis: Der Dokumentarfilm «Caves» nimmt die Zuschauer mit auf 350 Meter unter die Erdoberfläche. Eine Welt, die zu den letzten unerforschten Orten dieser Erde zählt. Filmemacher Carlos Isabel Garcia hat es geschafft, die Nidwaldner Geologin Lea Odermatt und ihr Team mit der Kamera auf Entdeckungsreise durch die Siebenhengste-Hohgant-Höhle zu begleiten. Ein Höhlensystem, das sich unterirdisch auf einer Länge von über 160 Kilometern durchs Berner Oberland zieht. 

 

Mit VR-Brille hautnah dabei

«Es ist faszinierend, wie schön, zeitlos und gleichzeitig gefährlich dieser Ort ist», erzählt Isabel Garcia mit leuchtenden Augen. «In diesen verborgenen Höhlen fühlt man sich den Urmenschen ganz nahe.» Wie es ist, tief unter der Erde durch enge Gänge zu kriechen und sich in dunkle Tiefen abzuseilen, kann man als Zuschauer hautnah miterleben. Weil der Film mit einer 360-Grad-Kamera aufgenommen wurde, entsteht mit einer VR-Brille das Gefühl, selbst beim Entdeckungsgang durch die Höhlen dabei zu sein. 

 

Ohne Zeitgefühl und Platzangst

Um diese eindrücklichen Bilder einzufangen, hat der gebürtige Spanier das dreiköpfige Forscherteam acht Tage lang unter der Erde begleitet und insgesamt vier Jahre am Film gearbeitet. Platzangst bei den Dreharbeiten hatte er nie. «Ich habe zum Glück keine Mühe mit der Enge. Man verliert aber jegliches Zeitgefühl ohne Tageslicht.» Die Anstrengungen haben sich schlussendlich gelohnt: Der 19-minütige Dokumentarfilm hat es geschafft, sich für das diesjährige Filmfestival in Venedig zu qualifizieren, und feiert dort Anfang September Weltpremiere. «Ich hätte nie mit einer Einladung nach Venedig gerechnet», sagt der Wahlkrienser. «Ich freue mich aber natürlich sehr darüber.»

 

Theater als 360-Grad-Film

Mit welchem Filmprojekt es danach weitergeht, weiss der 36-Jährige noch nicht. Neben seiner Lehrtätigkeit an der Hochschule Luzern als Dozent im Master Film nimmt Carlos Isabel Garcia auch Theaterproduktionen mit der 360-Grad-Technik auf. «Weil wegen Corona das Live-Publikum weggefallen ist, arbeitet man auf der Bühne vermehrt mit Videoaufzeichnungen. 360-Grad-Aufnahmen eignen sich dafür besonders gut, weil Theatervorstellungen für die Zuschauer so erlebbarer werden als mit der herkömmlichen Kameratechnik.» 

Seiner Wahlheimat Kriens bleibt der Filmemacher bis auf weiteres auf jeden Fall treu. «Ich bin vor 14 Jahren durch ein Austauschstudium in die Schweiz gekommen – und wegen der Liebe geblieben. Ich mag Luzern sehr, nach Corona plagt uns aber auch etwas das Fernweh.» Als nächstes Reiseziel visiert der Filmemacher New York an. Die Grossstadt ist zwar längst nicht so unerforscht wie die Unterwelt vom Berner Oberland, aber dürfte nicht weniger beeindruckend sein als dunkle Höhlengänge unter der Erde.

Anna Meyer

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