Streicheleinheiten und Ohrfeigen
Keine Fasnacht 2021 in Luzern. An diesen Gedanken hat man sich gewöhnt. Aber kein «Knallfrosch» kommt für die Wey-Zunft nicht in die Tüte. Am 4. Februar erscheint die satirische Ausgabe 2021. Viele Neuerungen versprechen Lesespass.
Oberknallfrosch und somit Projektverantwortlicher Till Rigert verrät aus der kommenden Ausgabe: «Jeder Zunftmeister und Gesellschaftspräsident stellt sich mit einem Kochrezept vor.» So präsentiert Fritschivater Daniel Medici – das dürfte wenige überraschen – ein sprachlich heftig nachgewürztes Fritschi-Pasteten-Rezept für den Heimeinsatz. Rigert läutet eine neue Ära beim «Knallfrosch» ein, bei der nach eigenen Angaben einzigen Lozärner Fasnachtszytig.
Ein frisches Team schreibt und gestaltet. Alte Zöpfe werden abgeschnitten. So die bisherige Tradition, dass sich die Fasnachtsgewaltigen persönlichen Fragen stellen müssen. «Das war reichlich abgelutscht und nicht mehr lustig.» Jetzt also Kochrezepte. «Wir sind vielseitiger geworden», verspricht Rigert.
Aufatmende C-Prominenz
«Den ‹Knallfrosch 2021› liest man nicht während des Laufens über die Strasse, man muss sich hinsetzen.» Die satirische Zeitung will viel tiefer gehen, anspruchsvoller sein. Auch Nicht-Fasnächtlerinnen und -Fasnächtler sollen amüsanten Lesestoff finden. Das war bisher ein Hauptvorwurf an das Blatt. Man musste ein Vertrauter der Luzerner Fasnachts- und Zunftszene sein, um alle Pointen zu verstehen. «Das wird auch 2021 in einem Teil der Artikel der Fall sein, aber in viel geringerem Ausmass.»
Die Luzerner C-Prominenz kann aufatmen. Die Grossen der Politik – von Trump über Daniel Koch bis zum Stadtrat – sind gesetzt. Ätzende Streicheleinheiten bis Ohrfeigen werden verteilt. Traditionell wird auch Kulturschaffenden und Medienleuten der satirische Spiegel vor die Nase gehalten. «Neu haben wir ein Horoskop drin, natürlich knallfroschmässig lustig», verrät Rigert. Premiere hat auch der Rätsel-Wettbewerb. Auf die Preise darf man gespannt sein. Der Aktualität geschuldet, ist im Magazin eine spezielle Corona-Maske zum Herausnehmen enthalten.
Frauen haben das letzte Wort
Wer die Artikel schreibt, ist ein gut behütetes Geheimnis. Nur so viel wird bekanntgegeben: «Es sind sowohl professionelle Journalisten am Werk wie auch Hobby-Schreibende», sagt Rigert. Die Redaktion ist entgegen hartnäckigen Gerüchten auch weiblich besetzt. «Frauen denken in vielem anders.» Der einst dominante Männerhumor muss 2021 die Klippe der weiblichen Mitarbeitenden nehmen, bevor er ins Blatt kommt. Wichtig ist Rigert, dass möglichst viele verschiedene Autoren in die Tasten hauen. Wieder fällt das Wort Vielseitigkeit.
Der «Knallfrosch» ist das öffentliche Aushängeschild der Wey-Zunft Luzern, die seit 1925 das fasnächtliche Brauchtum an der Reuss mitträgt. 1927 erschien die erste Wey-Zeitung. 2004 wurde aus dem braven Zeitungstitel der «Knallfrosch». Geknallt hat es effektiv auch schon in der Geschichte des Magazins, letztmals vor zwei Jahren, als ein Artikel öffentlich für Aufruhr sorgte. Die Zunft entschuldigte sich. «Wir lassen unsere Artikel zweistufig prüfen, durch unser gesamtes Team und durch einen zunftinternen Anwalt», erklärt Till Rigert. Dennoch hat auch der neue «Knallfrosch» nicht die Absicht, nett und bieder daherzukommen. «Wenn sich nur eine im ‹Knallfrosch› vorkommende Person bei mir beschwert, waren wir wahrscheinlich zu brav», lacht Rigert. «Wenn es zehn sind, sind wir zu weit gegangen.»
60 000 Haushaltungen in Luzern und der Agglomeration haben das Magazin diese Woche im Briefkasten, 170 000 Leserinnen und Leser werden erreicht. Das ist für Werbetreibende interessant. «Wir haben mehr Inserate drin als letztes Jahr», schwärmt Rigert. Und dies im Corona-Jahr. «Wir haben spezielle, kleinere Inserate geschaffen für Firmen, die dieses Jahr aufs Budget schauen müssen.»
Duft in den Strassen
Till Rigert arbeitet hauptberuflich in der Verkaufsorganisation einer Firma im Pharmabereich, er kennt das Abc für erfolgreichen Absatz. «Aus dem generierten Überschuss des ‹Knallfroschs› finanziert die Wey-Zunft karitative Projekte in der Region Luzern mit dem Schwerpunkt Kinder. «Geselligkeit und Narretei – Wohltätigkeit sei mit dabei» – der Leitspruch der Wey-Zunft setzt der «Knallfrosch» wort- und sinngemäss um. Man merkt die Vorfreude von Rigert auf die Lancierung seines Blattes (siehe Box). «Wegen der abgesagten Fasnacht wird der ‹Knallfrosch› sicher noch viel mehr beachtet als in einem normalen Jahr.» Und sicher nachhaltiger wirken. Wenn in den Strassen von Luzern in nächster Zeit erhöht der Duft von frisch gebackenen Fritschi-Pasteten aufkommt, ist dieser Beweis erbracht.
Andréas Härry
Box: Zur Publikation
Am kommenden Donnerstag, 4. Februar, um 10.30 Uhr startet der Livestream zur Niederkunft des «Knallfrosch 2021». Einloggen kann sich jedermann auf www.knallfroschlozaern.ch. Die Zeitung wird bis Ende Woche gratis verteilt in der gesamten Stadt und Agglo Luzern, von Eschenbach bis Hergiswil NW.