«Ohne Rolf» proben die Einsamkeit
Im April 2021 feiert das bekannte Kleinkunst-Duo Premiere mit dem neuen Programm. Hier gibt es Einblick in erste Bohrungen.
Sitze im Zug nach Berlin und hätte gerade Zeit», schrieb Jonas, im Zug unterwegs. «Eben: und ich in der Küche am Kochen», erwiderte Christof von zu Hause in Luzern. Die beiden unterhielten sich per SMS launisch darüber, was sie an den Swiss Comedy Awards 2019 aufführen sollten. Und genau diesen SMS-Dialog bekam das Publikum an besagter Aufführung mit.
Das Beispiel ist typisch für den Witz und die Meta-Ebenen, die «Ohne Rolf» in ihre Programme einbauen. Es zeigt aber auch die Art und Weise, wie sich ihr Schaffen verändert hat, seit Jonas zwischen Luzern und Berlin pendelt und Christof in Luzern neben seiner künstlerischen Arbeit auch mit Familie und Kindern beschäftigt ist. Wie kriegt man da ein neues abendfüllendes Stück zusammen, zumal Jonas im letzten Programm «Seitenwechsel» (2016) ins Jenseits verschwand?
Stundenlange Telefongespräche
«Die räumliche Trennung hat uns gezwungen, neue Arbeitsformen zu erfinden», sagt Christof Wolfisberg. «Als wir 1999 begannen, haben wir einfach drauflosgemacht», sagt Jonas Anderhub. Das hat sich verändert. Jetzt sitzen sie stundenlang mit Kopfhörer gemeinsam in Luzern und Berlin und telefonieren. Beide haben auf dem Bildschirm das gleiche Dokument vor sich, das sie laufend mit ihren Ideen, Skizzen, Fragen und Überlegungen ergänzen. Es ist das Protokoll eines fortwährenden Dialogisierens, aus dessen Bruchstücken dereinst das neue Stück zusammenwachsen wird.
Am Ende des letzten Programms haben sie mit dem Verschwinden von Jonas eine Art Cliffhanger hinterlassen, den sie nicht einfach so hängen lassen können. Es ist eine emotional starke Situation, die sie zum Ausgangspunkt für ihr fünftes Stück nehmen wollen. «Er ist weg, ich bin einsam», sagt Christof. Einsamkeit wird das Thema sein. Mehr ist den beiden nicht zu entlocken. Es geht auch um «Loslassen», sagt Christof. Jonas blickt ihn an. Christof blickt zurück. Es blättert. Was zum Teufel haben die beiden vor?
Streiten gehört dazu
«Wir sind immer noch in der Phase, wo wir Bohrungen machen, um herauszufinden, ob etwas funktioniert», sagt Christof. Und immer sind sie am Recherchieren, schauen Serien und Filme, lesen Bücher, diskutieren. «In einer ersten Phase haben wir viele Gespräche darüber geführt, was uns auch privat beschäftigt. Wir gehen in die Tiefe, da ist nichts von lustig.» Alles kommt auf den Tisch. Auch das sind Bohrungen. Das Streiten und harte Fights gehören zum Prozess ihrer Stücke. Zum Glück gibt es den Regisseur Dominique Müller, der als dritte Instanz oft Klärung bringt.
Doch die Zeichen stehen gut. Im Gegensatz zu ihrer bisherigen Vorgehensweise haben sie das Setting eingegrenzt. Früher hatten sie eine Menge Ideen und Effekte, aus denen sie eine Art Geschichte fügten. Heute ist es umgekehrt. Jetzt schwebt ein Plot in der Luft, den sie dann mit ihrem Knallwerk aus Inspirationen füllen. Mehr müssen sie gar nicht sagen. Ihre sprachlose Kunst wird auch im April 2021 mit verblüffenden Wortdramaturgien die Besucherinnen und Besucher erheitern. Und sie vielleicht tröstend über die Abgründe der Einsamkeit geleiten.