Mutter, Schwester, Vivandière

Anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums des Frauenstimm- und -wahlrechts fokussiert das Bourbaki-Panorama die Frauen im Rundbild.

Ein zweiter Blick lohnt sich: Frauen(rollen) im Bourbaki-Panorama. Bild: PD

Wer denkt, das Bourbaki-Panorama stelle einzig die Internierung der französischen Soldaten dar, liegt falsch: Im Rundbild skizziert der Maler Edouard Castres gleichzeitig eine Momentaufnahme der Gesellschaft zum Ende des 19. Jahrhunderts, insbesondere der Geschlechterrollen. Die in der Bundesverfassung von 1848 enthaltene Rechtsgleichheit gilt auch zur Zeit der Bourbaki-Internierung nur für eine Minderheit, namentlich für Schweizer Männer christlichen Glaubens. Frauen wie andere Minderheiten sind davon ausgeschlossen. 

Er, der Mann, ist nach traditioneller Vorstellung ein patriotischer, arbeitsamer und freiheitsliebender Entscheidungsträger. Komplementär dazu steht das Ideal der fürsorglichen, unterstützenden und mitfühlenden Frau. Gemäss der bürgerlichen Vorstellung ist sie – häufig unsichtbar – vor allem für die Hausarbeit und Familienbetreuung zuständig.

Auch in Castres’ Monumentalwerk finden sich ideale Frauen. In einzelnen, persönlich anmutenden Darstellungen ragen sie als Protagonistinnen hervor: Sie tragen Essbares in Körben herbei, pflegen verletzte Soldaten, hören zu und spenden Hoffnung. Doch ein zweiter Blick lohnt sich: Neben der klassischen Rolle der fürsorglichen Pflegerin finden sich auf dem Riesenrundbild zuweilen ungewohnte Ansichten und überraschende Botschaften. Ob Wirtin, Sanitäterin oder Vivandière – die «Bourbaki-Frauen» kommen in sämtlichen Rollen bemerkenswert eigenständig daher. 

Drei Frauen aus dem Team des Bourbaki-Panorama – die Museumsleiterin Irène Cramm, die Vermittlerin Barbara Steiner und die Restauratorin Liselotte Wechsler – nähern sich Frauenrollen und ihrer Darstellung im Riesenrundbild. Ausgehend von einzelnen Szenen fokussieren sie exemplarisch weibliche Lebensmodelle der Zeit um 1871. Öffentliche Führung: «Mutter, Schwester, Vivandière», Mittwoch, 16. Juni, 18–19 Uhr. 

Weitere Informationen sind zu finden unter www.bourbakipanorma.ch.

PD

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