Mehr Zeit für Zweisamkeit
Obwohl die neue Saison noch weit in der Ferne liegt, bangt Nadine Fähndrich phasenweise etwas um den Saisonstart. Die aktuell beste Schweizer Langläuferin geniesst dafür die Zweisamkeit mit ihrem Freund.
Dreimal in Folge im Sprint in den Final gelaufen, zweimal hat es auf das Podest gereicht. Zudem das gute Resultat im Distanzrennen über
30 Kilometer am legendären Holmenkollen (Norwegen), bei dem die Luzernerin auf den 10. Rang lief. Die Saison 19/20 war für Nadine Fähndrich die bisher erfolgreichste. «Bei den Distanzrennen hatte ich schon nicht viele gute Resultate», sagt die 24-Jährige selbstkritisch. «Ich weiss aber bei jedem Rennen, was das Problem war. Ich weiss also, woran ich arbeiten muss», sagt sie. Anders im Sprint. Haderte sie in der Vergangenheit damit, in entscheidenden Momenten die falsche Entscheidung getroffen zu haben, lief sie vergangene Saison sowohl in Norwegen wie in Konnerud (2. Rang) und in Trondheim (3. Rang) aufs Podest.
Ferien anstatt Trainingslager
Es ist Mitte Mai, normalerweise hätte das Langlauf-Nationalkader zu diesem Zeitpunkt bereits sein erstes Trainingslager in Engelberg absolviert, die Saisonvorbereitung beginnt für gewöhnlich Anfang Mai. Momentan geniesst Fähndrich jedoch zwei Wochen Ferien, davor hatte sie bereits alleine einen Trainingsblock absolviert, das Trainingslager wurde aufgrund der Corona-Krise auf Anfang Juni verschoben.
Seit dem abrupten Saisonabbruch im März hat das Aushängeschild des Schweizer Langlauf-Nationalkaders dennoch bereits etliche Kilometer auf den Rollski abgespult. «Da wir nicht wie Schwimmer oder Leichtathleten auf Anlagen angewiesen sind, war es für uns etwas einfacher zu trainieren», sagt Fähndrich. Während der schönen Wochen im April war auch der Fokus auf die neue Saison bereits wieder voll da. Als dann der Regen kam, wurden auch die Gefühle hinsichtlich der kommenden Saison etwas düsterer. «Wenn man hört, dass bereits über eine Verschiebung der Lauberhornrennen im Januar diskutiert wird und es möglicherweise eine zweite Corona-Welle geben wird, fragt man sich schon, was dann wäre, wenn es keine Langlaufsaison geben würde.»
Mehr Zeit mit dem Freund
Die Corona-Krise hatte aber für Nadine Fähndrich und ihren Freund, mit dem sie in Allschwil BL wohnt, etwas Positives. Während es für einige Paare eine Herausforderung war, auf einmal so viel gemeinsame Zeit in den eigenen vier Wänden zu verbringen, haben sie es genossen, denn normalerweise haben sie während einer Weltcupsaison nicht so viel Zeit für Zweisamkeit.
Neue Saison mit Cologna-Trainer
Mit der besten Saison im Rücken ist klar, die Saisonvorbereitung im letzten Sommer hat funktioniert, entsprechend wenig wird hinsichtlich der Saison 20/21 geändert. Eine gewichtige Änderung gab es im Staff. Neu werden die Damen von Ivan Hudac trainiert. Hudac war bisher Trainer der Männer-Trainingsgruppe. Geändert hat sich auch nichts am Umstand, dass in der Trainingsgruppe der Damen im Nationalkader niemand auf dem Level von Nadine Fähndrich ist. Laurien van der Graaff, die gemeinsam mit Nadine letzte Saison in Teamsprint für Furore gesorgt hatte, trainiert nicht mit dem Nationalkader. Die Luzernerin lässt sich davon, dass sie nicht annähernd so viel interne Konkurrenz wie die Norwegerinnen oder die Schwedinnen hat, nicht beirren. «Ich kann ab und zu auch mit den Männern trainieren», erklärt sie. In den nächsten Monaten wird sie wohl auch öfters mit den U23-Herren trainieren, zu denen ihr Bruder gehört. Cyril Fähndrich hatte letzten Winter seine erste Saison bei der Elite bestritten.
Konstanz und Medaille als Ziel
Die kommende Saison ist wieder eine Saison mit einem Grossanlass. Vom 23. Februar bis 7. März finden in Oberstdorf (Deutschland) die Weltmeisterschaften statt. An der WM in Seefeld (Österreich) 2019 verpasste Nadine Fähndrich als Siebte den Sprintfinal nur ganz knapp. Der Finaleinzug wird auch in Oberstdorf das Ziel sein. «Wenn alles aufgeht, ist das möglich. Im Final kann dann alles passieren», sagt Fähndrich zu ihren Ambitionen. Neben dem Einzelwettkampf wird sie im Teamsprint an der Seite von Laurien van der Graaff Chancen auf eine Medaille haben. In Plancia (Slowenien) und in Dresden (Deutschland) erreichten die beiden in der vergangenen Saison die Ränge zwei beziehungsweise drei.
Es wäre die erste Schweizer Medaille an einer Langlauf-WM bei den Damen seit 34 Jahren. Evi Kratzer gewann 1987 über fünf Kilometer Bronze. Der damalige Austragungsort ist auf jeden Fall schon mal ein gutes Omen. Die WM fand damals ebenfalls in Oberstdorf statt.
Marcel Habegger