Kleintheater ist offen für Online-Formate

Raum bieten für das Experimentieren mit digitalen Formaten: Projektleiterin Fabienne Mathis erklärt, wie sich das Kleintheater für die Zukunft rüstet.

«Nora Nora Nora» macht den Auftakt. Bilder: PD

«Nora Nora Nora» macht den Auftakt. Bilder: PD

Fabienne Mathis kreiert für das Kleintheater Online-Angebote.

Fabienne Mathis kreiert für das Kleintheater Online-Angebote.

Fabienne Mathis, das Kleintheater Luzern sucht jetzt auch Wege, um zumindest einen Teil seines Programms digital zu vermitteln. Was hat den Ausschlag für diesen Schritt gegeben?
Seit Dezember 2020 ist das Kleintheater Luzern geschlossen. Es werden auch keine Online-Veranstaltungen angeboten. Doch können digitale Formate ein wichtiges Mittel sein, um aus der Abhängigkeit der Lockdown-Massnahmen herauszukommen und überhaupt wieder einen Kontakt zum Publikum herzustellen. 

Sie sind Kulturmanagerin und zukünftige Dramaturgin und neu im Kleintheater als Projektleiterin für Online-Formate tätig. Wie hat sich das ergeben?
Ich habe vor einem Jahr als Praktikantin im Kleintheater gearbeitet. Ich studiere Dramaturgie an der ZHdK und beschäftige mich seit bald einem Jahr intensiv mit digitalen Vermittlungsmöglichkeiten in der Theaterwelt. Im Gespräch mit den beiden Leiterinnen Sonja Eisl und Judith Rohrbach wurde klar, dass sie an einer digitalen Erweiterung sehr interessiert, aber mit den Möglichkeiten wenig vertraut sind. Also haben sie mich beauftragt, ein digitales Angebot auszuarbeiten.

Was ist Ihre Aufgabe? Wie gehen Sie das an?
Ich erarbeite ein Transformationsprojekt für einen hybriden Spielplan für die Saison 2021/22. Es geht um eine Ergänzung des herkömmlichen Spielbetriebs mit digitalen Formaten. Der Bund stellt in diesem Jahr Gelder für Transformationsprojekte zur Verfügung. Er ist mit diesem Fördergefäss daran interessiert, dass sich ein Betrieb vermehrt so ausrichtet, dass er teilweise auch in einem Lockdown funktionieren kann. In einem hybriden Spielplan denken wir digitale Formate immer mit, unabhängig davon, wie stark ein herkömmlicher Spielbetrieb wieder möglich ist. Wir wollen herausfinden, wie sich die Kombination von herkömmlichem Betrieb und Online-Angeboten fruchtbar auswirken kann.

Was ist für das Kleintheater konkret möglich?
Mit neuen digitalen Angeboten möchten wir wieder in Kontakt treten mit einem Publikum, das Publikum wiedergewinnen, vielleicht auch ein anderes Publikum etablieren. Wir wollen eine Bühne schaffen für den digitalen Raum, wo eine Gemeinschaft entstehen kann und sich Leute begegnen und austauschen können. Es ist etwas anderes, wenn man sich selber in das neue Medium begibt und die Interaktivität erlebt, als einfach einen weiteren Video-Stream zu verfolgen. Das alleine ist kein befriedigendes Format. 

Was braucht es für die Umsetzung?
Damit eine Implementierung von digitalen Formaten nachhaltig wirkt, wird sich ein Betrieb auch strukturell entwickeln müssen. Es gilt, Aufgabenbereiche anders zu denken, neue Kompetenzen aufzubauen. Eine Knacknuss ist, dass das Kleintheater vor allem ein Gastspielbetrieb ist und nur wenig selber produziert.

Was heisst das?
Die Künstlerinnen, Künstler und Gruppen, die von aussen kommen, müssen Lust auf diese neuen Formate haben. Wir müssen also aktiver in die Szene hineinwirken und gewisse Anstösse geben, damit sie sich auf das Experimentieren mit uns einlassen und kleine digitale Formate ausprobieren können. Wir können den Raum, finanzielle Mittel und die Expertise bieten. Daneben überlegen wir uns eigene Formate. Ich denke auch an das Zusammenarbeiten, etwa mit der HSLU im Bereich Gaming/Design. Vielleicht entstehen so neue Impulse, wie digitale Theaterformate abseits von Livestreams aussehen könnten.

Digitale Formate brauchen per se keinen fixen Standort mehr. Was bindet denn ein Publikum an das Kleintheater? Warum soll es ein Online-Angebot dort schauen und nicht anderswo?
Die konkrete Verbindung zu einem Haus ist bei einem digitalen Angebot sogar das einzige Differenzierungsmerkmal. Was braucht es für digitale Angebote, um eine Gemeinschaft aufzubauen? Sind es besondere Themen? Spezifische Formate? Wie im herkömmlichen Spielbetrieb, müssen auch für die digitale Identität solche Fragen ausgelotet und Sachen ausprobiert werden.

Pirmin Bossart

 

Box: Ohrfeigen und Grenzgänger
Die ersten digitalen Angebote im Kleintheater Luzern gehen bereits im März über den Bildschirm. Am 24. März wird die Live-Radio-Show «Ohrfeigen» mit Stream produziert. Radio SRF macht die Radiosendung, das Kleintheater filmt und liefert das Bild dazu. Vom 25. bis 27. März ist «Nora Nora Nora» der Theatergruppe Grenzgänger zu sehen. Das Kleintheater nimmt die Produktion auf und zeigt die Liveaufzeichnung an drei Abenden. Im Anschluss finden moderierte Gesprächsformate auf Zoom mit Beteiligten der Produktion statt. Weitere Informationen: kleintheater.ch.

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