Highlights zum Abschluss
Sie hat während der letzten Monate inoffiziell als Intendantin des LTs geamtet. Nun zieht auch CSandra Küpper weiter. Zum Abschluss der Spielzeit wartet das Haus noch mit einigen Höhepunkten auf.
Sandra Küpper, was für einen Grend tragen Sie am Samstag zur Inszenierung von «Die 5. Jahreszeit»?
(Lacht.) Keinen, ich spiele ja nicht selbst mit, sondern Luzernerinnen und Luzerner. Der belgische Künstler Thomas Verstraeten hat eineinhalb Jahre auf diese Inszenierung hingearbeitet. Er hat sich dafür mit der Bevölkerung und auch mit vielen Fasnachtsinstitutionen ausgetauscht. Luzernerinnen und Luzerner holen am 5. Juni ihre Grende aus dem Keller und machen diese in einer Art lebenden Ausstellung zugänglich.
Wie muss man sich diese Inszenierung vorstellen?
Es wird zahlreiche Szenen in der Stadt verteilt geben – von Einzelmasken bis mit zu zehn Personen. Alle haben denselben Auftrag: zwischen 15 und 17 Uhr neben der Altstadt, der Ufschötti und dem Schweizerhofquai-Nationalquai, auch die Gegenden rund um das Luzerner Theater und den Bahnhof sowie Spielorte entlang der Museggmauer zu bespielen. So wird die Stadt zum Themenpark und verändert ihr Bild für diese zwei Stunden. Auch zufällige Passanten können die Szenerie miterleben – ein grosser Spass.
Passt Fasnacht und Theater zusammen?
Das passt sehr gut zusammen. Die Maske ist das ursprüngliche Theatermittel, das wir seit der Antike kennen. Sowohl das Theater wie auch die Fasnacht sind aus Ritualen entstanden, beide prägen unsere Kultur. Es gibt sehr viele Parallelen, trotzdem haben wir bisher noch nicht oft zusammen gefeiert. Das wollen wir nun nachholen.
Die Öffnung des Theaters war die letzten Jahre immer ein Thema in Luzern. Ist das im internationalen Vergleich auch eine so grosse Sache?
In Afrika beispielsweise habe ich Festivals erlebt, die Theater in privaten Innenhöfen gezeigt haben. Hier in unseren Regionen, wo wir aus ganz anderen Traditionen kommen, gibt es zunehmend ein Bewusstsein dafür, dass das Theater für alle zugänglich gemacht werden muss. Ich selbst beschäftige mich mit dieser Thematik seit mehr als zehn Jahren intensiv aus kuratorischer Sicht. Für mich, aber auch für die Künstlerinnen und Künstler, die bei uns gearbeitet haben, stellte sich seit Beginn des Engagements am Luzerner Theater die Frage, wie wir es schaffen können, dass das Theater wieder zum Stadtgespräch wird.
Sie haben in der vergangenen Spielzeit oft Benedikt von Peter, der nach Basel wechselte, vertreten. Ist die Intendanz auch in Zukunft etwas für Sie, oder fokussieren Sie sich lieber wieder auf die Sparte Schauspiel?
Ich habe zuvor auch schon sehr gerne kuratorisch gearbeitet. Die Intendanz ist für mich die Weiterführung des kuratorischen Arbeitens. Ich hab sowieso das Gefühl, dass man das Künstlerische und das Administrative viel mehr als eins sehen müsste. Beim kuratorischen Arbeiten geht es immer um die Frage, eine Plattform für Künstler zu schaffen, damit sie an einem neuen Ort für Impulse sorgen können. Es geht um den Austausch, die Kommunikation und Vermittlung zum Publikum, die Komplizenschaft mit anderen Institutionen der Stadt und natürlich das kreative Wirtschaften und darum, die vorhandenen Ressourcen bestmöglich einzusetzen. Am meisten kann man hier natürlich bewirken, wenn man einen Job mehrere Jahre macht.
Sie haben es gerade angesprochen, wäre es kein Thema gewesen, die Intendanz ganz zu übernehmen?
Nein, ich bin ja mit Benedikt von Peter nach Luzern gekommen, als er gerade im zweiten Jahr seiner Intendanz hier in Luzern war. Ich wollte Luzern für drei Jahre kennen lernen und sehen, wie man sich hier künstlerisch verankern kann. Mir hat es hier sehr viel Spass gemacht. Für mich ist es aber auch logisch, dass nun das nächste künstlerische Team, mit einer neuen künstlerischen Handschrift, übernimmt. Deshalb war es für mich gar keine Frage, noch länger hierzubleiben.
Was nehmen Sie aus Luzern mit?
Wir hatten hier viele Momente, in denen wir in den Dialog getreten sind und uns mit Künstlerinnen und Künstlern zusammengesetzt haben und diskutiert, wie ein Stadttheater heute aussehen soll. Wenn man die Künstler mit in die Verantwortung einbezieht, in die kreativen Entscheidungen, dann macht das schon etwas sehr Besonderes aus, auch am Stadttheater. Daraus entstanden sind sehr schöne Projekte, mit denen wir auf ganz andere Weise mit den Zuschauern in Kontakt kommen konnten, beispielsweise in Privatwohnungen oder in der Café-Bar Güllen, als über 400 Menschen aus Luzern die Box bespielt haben.
Sprechen wir noch über Ihre Zukunft – wie gut sprechen Sie denn Türkisch?
(Lacht.) Das muss noch gelernt werden.
Sie haben das Kulturstipendium Armin Meienberg des Vereins Istanbuluzern gewonnen und werden dort während zehn Wochen arbeiten. Weshalb haben Sie sich um das Stipendium beworben?
Es ist die Neugierde, sich mit der Welt zu beschäftigen. Ich war als Kuratorin sehr viel auf Reisen. Nun war ich drei Jahre viel mehr am selben Ort. Ich verspüre schon auch eine Lust, wieder mehr in Bewegung zu kommen. Auch wieder mehr Eindrücke zu erhalten, von unterschiedlichen Orten.
Können Sie etwas zum Projekt erzählen, Sie thematisieren die Ausgrenzung in einer Ausstellung – Ihre Protagonisten werden Strassenhunde sein ...
Wir (das Stipendium hat sie gemeinsam mit Ihrem Lebenspartner, dem Autor Christian Winkler, erhalten, die Red.) wollen uns mit Randgebieten von Europa auseinandersetzen. Mich hat die letzten Jahre auch immer der Nicht-westliche-Blick interessiert. Istanbul an der Schnittstelle von Orient und Okzident eignet sich dafür sehr gut. Zudem interessiert mich auch die Frage, wie wir mit Aussenseitern umgehen.
Das Projekt dauert zehn Wochen, da Sie sich nur ungern so früh festlegen wollen, wissen Sie demnach noch nicht, was danach kommt?
Ja, genau. Ich bin gedanklich momentan noch total in Luzern. Ich fühle mich auch überhaupt noch nicht bereit dazu, mir Gedanken zu machen. Ich möchte offen bleiben. Mich interessiert auch, wie sich die Kultur in dieser Krise verändert hat. Wie rückt sie wieder zurück ins Zentrum? Ich glaube, man muss sich zuerst auch etwas sammeln, das spüre ich auch in Gesprächen mit Künstlern. Das braucht nun einen Moment, damit die vergangenen Monate verarbeitet werden können.
Nun gab es ja zumindest eine Teilöffnung und Sie haben noch einiges vor in Luzern ...
Ja, das ist toll. So können wir uns als künstlerisches Team von unseren Zuschauern verabschieden. Wir waren im April ehrlich gesagt relativ skeptisch, ob wir in dieser Saison nochmals spielen dürfen. Nun eröffnen wir ab dem 4. Juni noch einmal die Open Box bis zum Spielzeitende und haben uns für den 4. und 5. Juni ein echtes Schauspielhighlight ausgedacht: Am Freitag zeigen wir auf der Bühne «Kunst», womit wir gerade zum Festival Theater der Welt eingeladen wurden. Am Samstag spielen neben der «5. Jahreszeit» zum letzten Mal «Tell – eine wahre Geschichte» sowie «Blind Butcher – das Konzert». Darauf freue ich mich sehr.
Interview Marcel Habegger
Mehr Infos auf www.luzernertheater.ch