«Hey, es braucht euch!»

Ursus und Nadeschkin waren bei den Ersten, die sich wieder auf die Bühne gewagt haben. Beim Publikum ist der Re-Start noch nicht ganz angekommen. Diese Woche gastieren die beiden in Emmen.

Auch im Le Théâtre war der Vorverkauf zunächst schlecht angelaufen, in den letzten Tagen wurden aber mehr Tickets verkauft. Bild: PD

Sie stehen seit einer guten Woche wieder auf der Bühne. Wie fühlt es sich an, zurück zu sein?
Urs Wehrli: Wir spüren in allen Theatern, in denen wir spielen, eine riesige Freude. Das erging mir persönlich natürlich genauso. Die erste Woche war auch richtig anstrengend. Man ist es nicht mehr gewohnt. Ich war nach den drei Shows letzte Woche richtig müde.

Nadja Sieger: Ich habe letzte Woche auf der Bühne wieder gespürt: Das ist das, was ich richtig gut kann.

Urs Wehrli: Das ist jetzt ein ziemliches Eigenlob.

War Ihnen das nicht mehr bewusst?
Nadja Sieger: Wenn man so lange nicht auf der Bühne stehen darf, vergisst man es etwas. Ich hatte mir schon überlegt, den Beruf zu wechseln und einfach etwas anderes zu machen. Man gewöhnt sich alles ab. Letzte Woche auf der Bühne habe ich wieder gespürt: Es ist richtig, dass wir das machen.

Haben Sie am Programm während der Pause laufend etwas verändert, oder konnten Sie die Nummern nun praktisch aus der Schublade ziehen?
Urs Wehrli: Wir verändern immer wieder, das war in den letzten Monaten nicht anders als vor Covid. 

Nadja Sieger: Das hat aber immer damit zu tun, dass das Publikum jeden Abend anders ist.

Man hatte das Gefühl, die Leute seien hungrig nach Kultur, umso überraschender war, dass Sie in Bern zwei Vorstellungen absagen mussten, weil der Verkauf schlecht lief. Kam das auch für Sie überraschend?
Nadja Sieger: Wir haben bereits im Juni gespürt, dass der Verkauf nicht anzieht. Die Veranstalter in grossen Theatern haben es besonders schwer. Es wurde sehr häufig darauf hingewiesen, Grossveranstaltungen zu meiden, deshalb wollen die Leute da momentan nicht hin.

Haben Sie eine Erklärung:
Nadja Sieger: Ich glaube, die Covid-Situation wurde in den Medien die letzten Wochen etwas schöngeredet. 

Urs Wehrli: Wir haben aber auch gemerkt, die Absage der Vorstellungen in Bern hat etwas bewirkt. Wenn ich mich mit Privatpersonen ausgetauscht habe, haben die immer davon gesprochen, wie toll es sei, dass es wieder losgehe, sie scheinen aber vergessen, zu haben dass sie selber das Publikum sind. Ich glaube, es braucht nicht viel, um den Leuten zu sagen: «Hey, es braucht euch!»

Nadja Sieger: Online wird auch viel negativ über die 3G-Events geschrieben. In der Realität, nach Vorstellungen, werden ganz andere Stimmen laut: Sehr viele Zuschauende sind dankbar, dass es diese Zertifikate gibt.

Ist bei allen Ihren Vorstellungen ein Zertifikat notwendig?
Bei uns entscheidet der Veranstalter, welche Schutzkonzepte auferlegt werden. 

Im aktuellen Programm spielen Sie unter anderem Ihre Lieblingsnummern. Wie ist es zu diesem Programm gekommen?
Nadja Sieger: Wir haben einen Giftschrank an Ideen, bei denen wir in der Vergangenheit das Gefühl hatten, diese Nummern werden aktuell noch nicht verstanden. Der Rahmen des Stücks ist eigentlich Tschaikowskys «Tanz der Zuckerfee». Dieses Stück hat ebenfalls keinen roten Faden, ist ein unglaubliches Durcheinander und hat wie bei uns schöne Fantasiebilder und unterschiedliche Welten, die aufeinanderprallen. Es ist ganz anders als bei uns, aber die Grundstruktur ist genauso wild und hat viel Platz für unsere Lieblingsnummern. Es hat sich auch gezeigt, der Giftschrank ist nicht so giftig, wie wir zunächst gedacht hatten.

Sie hatten nun eine lange Pause. Hat sich in dieser Zeit bereits das nächste Programm entwickelt?
Nadja Sieger: Hätte man uns im März 2020 gesagt: «Ihr habt nun eineinhalb Jahre Pause», hätte man gut etwas erarbeiten können. Wir rechneten aber immer damit, dass es gleich losgehen würde. Ich musste im letzten Jahr beispielsweise immer wieder mit einer Hornkuh für meinen Auftritt im Zirkus Knie üben. 

Bei Ihnen läuft jeweils viel parallel. Welche Projekte sind neben dem aktuellen Programm noch am Laufen?
Urs Wehrli: Mein neues Buch erscheint in einem Monat, da hab ich noch gerade einiges zu tun. Wenn man jeden Abend spielt, bleibt aber nicht mehr viel Zeit ausser zwei, drei Stunden Büroarbeiten. 

Nadja Sieger: Unsere aktuelle Tournee entspricht nicht der idealen Planung, aber zu Coronazeiten muss man Kompromisse eingehen.

Weshalb nicht ideal?
Ich habe jetzt zu Zeiten Shows, zu denen ich eigentlich zu Hause als Mutter gefragt wäre. Das passiert mir sonst nie. Ich habe auch ganz viele Ideen, aber die grossen Projekte bleiben im Moment im Sumpf hängen. Wir müssten jetzt die Jahre 2023 und 2024 planen, aber ich getraue mich fast nicht, so weit zu denken. Da darf man nicht allzu lange darüber sprechen, denn das lähmt. Da denke ich lieber gleich an den nächsten Auftritt.

Interview: Marcel Habegger
 

Vorstellungen in Emmen: Do., 9., und Fr., 10. September, 20 Uhr im Le Théâtre in Emmen, www.ticketcorner.ch.

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