«Es braucht mehr Diversität»

Reicher instrumentiert, mehr Folk, Liedtexte, die tiefer gehen: Marco Kunz präsentiert sein viertes Album. Am Fernsehen covert er zudem aktuell andere Schweizer Musikgrössen.

Kunz ist jeweils mittwochs in der Sendung «Sing meinen Song» auf TV24 zu sehen. Bild: PD

Guten Morgen Marco, es ist 8.30 Uhr, wo stören wir Sie um diese Uhrzeit?
Auf der Fahrt von Zürich nach Zofingen, von einem Radiointerview zum nächsten. Die Zeit dazwischen nutzen wir jetzt auch (lacht). 

Das bringt uns zum einen Grund für dieses Gespräch: Sie lancieren im März ein Album mit dem Titel «Mai».
Ich greife mit diesem Album vor auf den Frühling und die damit verbundenen Gefühle. Die Wärme und die Liebe des Monats Mai sollen musikalisch in die Herzen der Leute strahlen. Wir haben doch einen sehr langen Winter hinter uns. Ich will mit meinen Melodien wieder Leben in die Bude und die Menschen auf andere Gedanken bringen.

Ihr letztes Album hiess «Förschi». Wo sehen Sie die Entwicklungen?
Wir sind nochmals musikalischer geworden. So ist die Geige zurück in der Instrumentierung. Auch haben wir mehr Folk-Elemente drin, dank der Violine im Irish-Stil. Die macht Lust, die Schuhe auszuziehen und barfuss zu tanzen. Dazu auch Country. Das Ganze kommt «erdiger» daher, mit mehr Gesang. Das Album enthält mehr von allen beteiligten Musikerinnen und Musikern, nicht nur Dinge von mir allein.

War die Entstehung ein Gruppenprozess?
Kann man so sagen. Natürlich steht am Anfang das Schreiben der Songs durch mich. Anschliessend folgt die Arrangementarbeit in der Gruppe, insbesondere für das Hackbrett und das Schlagzeug war das ein intensiver Prozess.

Wie hoch sind die Anteile Dur- und Moll-Stücke?
(Lacht.) Ich meine, etwa 80 Prozent ist in Dur, wobei das nicht bedeutet, dass Moll-Stücke nichts Positives ausstrahlen können.

2019 bei «Förschi» sprachen wir über Ihre Texte, die durchaus kritische Töne anschlugen. Geht dieser Trend in «Mai» weiter?
Absolut. Ich will Musik machen, die Botschaften transportiert und Themen bespricht. Letzteres gibt es, natürlich, in Hülle und Fülle und da sprechen wir Dinge an, die doch mehr in die Tiefe gehen, abseits der Liebe.

Ein Beispiel?
Es braucht mehr Diversität, nicht nur in der Natur, sondern auch in den Köpfen. Der Mensch neigt zu einfachen Antworten auf komplizierte Fragen. Da muss ich mich selbst auch an der Nase nehmen. Dies resultiert aus unserer Angst vor Veränderungen, die wir brauchen, um Krisen zu meistern. Dies thematisiere ich unter anderem in meiner Musik.

Stichwort Krise: Hat die aktuelle Pandemie das Album thematisch beeinflusst?
Ja, in der Weise, dass ich eine Person bin, die versucht, Menschen zusammenzubringen, und die gegen die gerade drohende Spaltung der Gesellschaft antritt. Ich würde mich nicht als generell gesellschaftskritischen Musiker bezeichnen, sondern als einen, der die Menschen immer wieder auf die sonnigen Seiten des Lebens zieht.

Anderes Thema: Man sieht Sie aktuell wöchentlich in der Sendung «Sing meinen Song – Das Schweizer Tauschkonzert» (siehe Box). Kannten Sie alle beteiligten Künstlerinnen und Künstler bereits vor der Sendung?
Gar nicht, ausser Seven und Adrian Stern, die ich beide flüchtig kannte. Der erste Abend, Dodo gewidmet, war sehr persönlich. Das hat uns sofort alle zusammengebracht, es war megaschön.

In jeder Sendung wird es immer sehr persönlich. Ist Ihnen das leichtgefallen?
Eigentlich will man ja nicht die Seele auf den Tisch legen, macht es aber doch ein bisschen. Musiker haben einfach das Herz auf der Zunge. Der intime Rahmen bringt auch Intimes hervor. Von dem lebt dieses Format natürlich.

Seven ist ein guter Moderator. Würden Sie dem zustimmen?
Mega! Er ist so ein guter Host, einfach ein Spinner, ein Musik-Nerd, er weiss so viel, hat so viel Leidenschaft. Die perfekte Besetzung für den Job.

Wobei Sie das auch könnten. Sie sind rhetorisch geschliffen, sympathisch …
Moderieren ist schwierig für mich, vor allem im Vergleich zu Seven. Ich glaube, das ist mehr ein Beatrice-Egli-Job (lacht).

Die Spielregeln wollen, dass jeder beteiligte Künstler einen Song aller KollegInnen im eigenen Stil covert. Hat Ihnen das Mühe bereitet?
Keinesfalls, ich hatte mit keinem Titel «en Chnorz». Natürlich lag mir die Aufgabe, aus einem Beatrice-Egli-Schlager einen A-capella-Song zu machen, besonders nahe (Kunz war lange Mitglied und musikalischer Leiter der A-cappella-Gruppe a-live, Anm. der Redaktion). Besonders mit dieser Band im Rücken, alles Topmusiker, die sich bereiterklärt haben, mitzusingen.

Darf man noch Originelles von Ihnen  erleben in den kommenden Folgen?
Es wird noch weitere Überraschungen geben, ich habe mich selbst herausgefordert, mich aus meinem bekannten Gärtchen gelockt. Es hat Spass gemacht, so kreativ zu sein. Auf Gran Canaria, wo die Sendung in acht Tagen aufgezeichnet wurde, wird 1:1 aufgenommen. Du hast pro Lied genau eine Chance, bei der es hinhauen muss.

Werden Sie an «Ihrem Abend», am 31. März, einen Song aus dem neuen Album spielen?
Aber natürlich! Die Sendung wurde im September 2020 aufgenommen, da hatte ich eine Single: «Möuchstross». Als wir den Song draussen aufnahmen in tiefer Nacht, sah man über uns eben diese Milchstrasse – es passte perfekt.

Andréas Härry

 

Box: Album und Sendung
Das Album «Mai» von Kunz ist seit dem 12. März erhältlich. Infos unter: www.kunzmusik.ch. Die aktuelle Staffel von «Sing meinen Song» mit Kunz, Beatrice Egli, Dodo, Seven, Adrian Stern, Ta’Shan und Jaël wird jeweils mittwochs um 20.15 Uhr auf TV24 ausgestrahlt.

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