Eine leidenschaftliche Nacht mit Folgen
Das Luzerner Theater zeigt Heinrich von Kleists Doppelgänger-Spiel «Amphitryon» auf der Bühne – für einmal aus der Perspektive der Alkmene.
Nach langer Abwesenheit kehrt der siegreiche Feldherr Amphitryon zu seiner Ehefrau Alkmene zurück und überrascht sie mit einer für sie unbekannten Leidenschaft, der sie sich begeistert hingibt. Sie entdeckt eine neue Lust und fühlt sich ihrem Gatten so nah wie nie zuvor – doch was Alkmene nicht weiss: Der nächtliche Besucher war in Wahrheit der Gott Jupiter, der lediglich die Gestalt Amphitryons annahm, um sie zu verführen. Erst als sich der Ehemann am nächsten Tag an nichts zu erinnern vermag, dämmert es Alkmene, dass etwas nicht mit rechten Dingen zu- und hergeht.
In Heinrich von Kleists Doppelgänger-Komödie «Amphitryon» aus dem Jahr 1802, deren Inhalt auf einen antiken Stoff zurückgeht, kommt ein lüsterner Jupiter auf die Erde, um Amphitryon nicht nur seine Gestalt, sondern auch die Loyalität seiner Ehefrau zu rauben. Alkmene ist sich keiner Schuld bewusst und sieht sich doch den demütigenden Anschuldigungen ihres Ehemannes genauso ausgesetzt wie der selbstherrlichen List Jupiters. Die Regisseurin Elsa-Sophie Jach nimmt in ihrer Inszenierung am Luzerner Theater für einmal nicht die Perspektive des gehörnten Ehemannes und des eitlen Gottes ein. Stattdessen zeigt sie auf der Bühne Alkmenes Weg zur Selbstermächtigung und Selbstbestimmung auf. Die beiden Götter Jupiter und Merkur, in Luzern mit zwei jungen Schauspielerinnen besetzt, werden zu Projektionsflächen für Alkmenes eigenes Begehren und Geniessen. Statt sich zwischen sterblichem und göttlichem Amphitryon zu entscheiden, entscheidet sie sich für sich selbst. Denn, so viel wird am Ende klar, für wahren Genuss braucht es weniger Amphitryon, dafür umso mehr Alkmene.
Das Luzerner Theater zeigt «Amphitryon» ab dem 2. Juni auf der Bühne. Das Stück wird in der Spielzeit 2022/2023 wiederaufgenommen. Weitere Informationen und Tickets unter luzernertheater.ch.