Bruder Fritschi war auch 2021 da

Eine Tradition des Schmutzigen Donnerstag fiel der Pandemie nicht zum Opfer: Der «älteste Luzerner», Bruder Fritschi, umrundete dreimal seinen nach ihm benannten Brunnen auf dem Kapellplatz.

Zum ersten Mal bestiegen sie am Schmutzigen Donnerstag nicht ihre Kutsche, sondern einen VBL-Bus mit ihren aufgeklebten Porträts. Das älteste Luzerner Ehepaar, Bruder Fritschi und seine Fritschene, verliebt wie am ersten Tag, vor Jahrhunderten. Bilder: Andréas Härry

Zum ersten Mal bestiegen sie am Schmutzigen Donnerstag nicht ihre Kutsche, sondern einen VBL-Bus mit ihren aufgeklebten Porträts. Das älteste Luzerner Ehepaar, Bruder Fritschi und seine Fritschene, verliebt wie am ersten Tag, vor Jahrhunderten. Bilder: Andréas Härry

Der Erfinder des VBL-Fritschibusses, Martin Dudle-Ammann (l.), mit Benji Biesser, beide in hohen Chargen in der Zunft zu Safran tätig.

Der Erfinder des VBL-Fritschibusses, Martin Dudle-Ammann (l.), mit Benji Biesser, beide in hohen Chargen in der Zunft zu Safran tätig.

An diesem Tag steckten sie unter den historischen Kostümen: Carlos Brunner (r.) war der Fritschi, Adrian Sigrist die Fritschene.

An diesem Tag steckten sie unter den historischen Kostümen: Carlos Brunner (r.) war der Fritschi, Adrian Sigrist die Fritschene.

Sie beklebten den VBL-Fritschibus mit den Luzerner Fasnachtsfiguren: Selina Wipfli und Fabio Marino von «ast beschriftet».

Sie beklebten den VBL-Fritschibus mit den Luzerner Fasnachtsfiguren: Selina Wipfli und Fabio Marino von «ast beschriftet».

Markus Güdel (l.) war verantwortlich für den Livestream, Tobias Stritt war sein Tonmeister.

Markus Güdel (l.) war verantwortlich für den Livestream, Tobias Stritt war sein Tonmeister.

Er durfte im Vorfeld niemandem sagen, wohin die Sonderfahrt geht: VBL-Chauffeur Zelijko Kremenovic steuerte den Fritschibus.

Er durfte im Vorfeld niemandem sagen, wohin die Sonderfahrt geht: VBL-Chauffeur Zelijko Kremenovic steuerte den Fritschibus.

LFK-Präsident Dani Abächerli (l.) ahnte etwas von einer Aktion, LFK-«Umzugschnörri» Peti Federer war als Livestream-Moderator souverän.

LFK-Präsident Dani Abächerli (l.) ahnte etwas von einer Aktion, LFK-«Umzugschnörri» Peti Federer war als Livestream-Moderator souverän.

Eine wärmende Suppe vor der Aktion spendierten Fritschivater 2016 Seppi Kreyenbühl und Gattin Pia in ihrer Konditorei im Würzenbach.

Eine wärmende Suppe vor der Aktion spendierten Fritschivater 2016 Seppi Kreyenbühl und Gattin Pia in ihrer Konditorei im Würzenbach.

Covid-bedingt in neuen Aufgaben: Musicaldarstellerin Irène Straub als Kamerafrau, Theatertechniker Hasan Palushi als Regieassistent.

Covid-bedingt in neuen Aufgaben: Musicaldarstellerin Irène Straub als Kamerafrau, Theatertechniker Hasan Palushi als Regieassistent.

Die Zunft zu Safran mag in den Fasnachtstagen der Öffentlichkeit humorvoll entgegentreten, eine Spassgesellschaft ist sie deswegen aber nicht. Die Traditionen dieser Vereinigung mit strengen Aufnahmeregeln und -ritualen gehen zurück ins 15. Jahrhundert und wurden erst im Laufe der Jahrhunderte freizeitorientierter. Auch heute noch ist die Fasnacht ein Traktandum unter vielen im Jahresprogramm der rund 450 Zünftler. Die Kultivierung von Freundschaften, das karitative Wirken und die Pflege von Brauchtum, Gewändern und historischen Lokalitäten nimmt grossen Stellenwert ein. Die zunftinterne Organisation ist straff, man darf ungestraft auch sagen: militärisch. Das gilt auch für das Einhalten der Zunft-Satzungen, die 58 Paragrafen umfassen. So Paragraf 49: «Bruder Fritschi zieht alljährlich am Nachmittag des Schmutzigen Donnerstag mit seinem Gefolge auf dem Fritschi-Wagen durch die Stadt Luzern und umkreist dreimal den Fritschi-Brunnen auf dem Kapellplatz.» Dieser für die Zünftler wichtige Moment, eingebettet in den grossen Fasnachtsumzug, stand natürlich, wie so vieles Heiliges, in diesen Tagen nicht zur Disposition.

 

Kein Volksauflauf

In den Ruhemomenten des Lockdowns gedeihen aber kreative Ideen: «Das dreimalige Umrunden des Fritschibrunnens ist ein symbolischer Akt, der viele Emotionen auslöst, und ist ein Bekenntnis der Zunft zu Safran zur Stadt Luzern in ihren Traditionen», sagt der Zeugherr des Äusseren – modern ausgedrückt Aussenminister – der Zunft zu Safran, Martin Dudle-Ammann. Er kreierte ein Konzept, das es dem ältesten Luzerner und seiner Gattin, der Fritschene, erlaubt, ihren traditionellen Rundgang auf dem Kapellplatz zu zelebrieren – Covid-konform. Dazu musste sichergestellt werden, dass es keinen Volksauflauf gibt.

Das Projekt Rondo wurde in grösster Diskretion aufgegleist, selbst die eigenen Zünftler und Medien wurden erst eine Viertelstunde vor dem Start eingeladen, den Livestream zu verfolgen. Statt in einer offenen Kutsche musste die Umrundung in einem Fahrzeug geschehen, das keine Corona-Vorschrift verletzt – ein VBL-Bus. Der Kontakt zu den Verkehrsbetrieben wurde hergestellt, die Resonanz im Tribschen war sofort positiv. Grossflächig wurde ein VBL-Zweiachser mit den Traditionsfiguren der Zunft zu Safran beklebt. Bruder Fritschi, die Fritschene, die Kindsmagd, der Narr, der Bajazzo und ein Bauer zieren das Fahrzeug, das bis Anfang März so dekoriert auf dem Streckennetz der VBL unterwegs sein wird.

 

Hühnerhaut-Momente

«Ich bedanke mich bei der Stadtpolizei Luzern für die konstruktive Zusammenarbeit», sagt Dudle-Ammann, der sein Projekt in Covid-legalem Fahrwasser bewegen wollte. Die strengen Vorgaben konnten eingehalten werden, statt eines Bades in der Menge für Bruder Fritschi sorgten Kamera- und Fototeam für Öffentlichkeit. Punkt 14.30 Uhr marschierten Zunftmeister zu Safran und Fritschivater Daniel Medici mit seiner Gattin, Fritschimutter Katharina Medici, über den spärlich bevölkerten Kapellplatz. Wenige Insider waren anwesend, genährt durch die Gerüchteküche, die natürlich in den Tagen davor intensiv in Betrieb war. 

Dann kam er, der Fritschibus, mit seinen prominenten Gästen an Bord. Unter den Zurufen, darunter lachend das bekannte «Brüele»-Kommando der Tagwacht, umrundete das auffällige VBL-Mobil den Fritschibrunnen dreimal. Problemlos, übrigens, was der Zunft zu Safran mit ihren Fasnachtswagen am Umzug nicht immer gelang. Für den Hühnerhaut-Moment sorgte auch LFK-Umzugskommentator und Zünftler Peti Federer, der den digitalen Livestream mit Witz und Emotion kommentierte. Nach drei Minuten war der Spuk vorbei, Bruder Fritschi hatte Luzern am Schmudo seine Aufwartung gemacht. Die Satzungen der Zunft zu Safran konnten in diesem Punkt eingehalten werden, «das sind schliesslich keine Empfehlungen, sondern Vorschriften», unterstreicht Dudle-Ammann schmunzelnd. Keine Spassgesellschaft halt, die Zunft zu Safran.

Andréas Härry

 

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